Sonntag, 22. September 2013

Irische Geschichte, Teil 6: Etablierung zweier Irland

Von Stefan Sasse

Teil 1 findet sich hier. In ihm wurde beschrieben, wie Irland seit der Personalunion mit der englischen Krone eine wechselhafte Beziehung mit England unterhielt und vor allem durch seine inneren Konflikte gespalten war, die entlang der Konfessionsgrenzen und Besitzverhältnisse verliefen. In Teil 2 wurde deutlich gemacht, wie die Politik der britischen Regierung und des Parlaments eine immer stärkere Wechselwirkung mit Irland entwickelten, in dem sich eine nationalistische Bewegung zu bilden begann und stets an Boden gewann. Als Großbritannien sich für die Selbstverwaltung Irlands, die Home Rule, entschied, hatten die Devolutionisten, die die totale Unabhängigkeit wollten, bereits deutlich an Boden gewonnen. Teil 3 beschrieb die zunehmende Gewaltbereitschaft zwischen den Unionisten in Ulster und den Nationalisten im Rest des Landes und die Konflikte um die Home Rule und wie diese Konflikte durch den Ersten Weltkrieg erst vertagt und dann verschärft wurden. In Teil 4 wurde gezeigt, wie die Iren den bewaffneten Kampf gegen die Briten aufnahmen und bereits in diesen Tagen der inner-irische Konflikt zu einer Art verdeckten Bürgerkrieg wurde. Auch die irische Nationalbewegung spaltete sich über das Ergebnis des Konflikts - die Teilung Irlands und den Dominion-Staus - und begann den bewaffneten Kampf gegeneinander. In Teil 5 haben wir gesehen, wie die Spaltung in offenen Bürgerkrieg ausartete, der letztlich mit der Niederlage der Radikalen und dem Tod vieler Moderater endete. Profitiert hat vor allem Großbritannien, das die Unabhängigkeit Nordirlands als Ganzes sichern konnte. Viele strukturelle Probleme blieben jedoch in beiden Ländern bestehen und noch ungelöst.

Eamonn de Valera
Um die Wirren des Bürgerkriegs endlich hinter sich zu lassen, beschloss die nun regierende Fianna Fàil, die IRA zu legalisieren und einen Schlussstrich zu ziehen, indem man Amnesien für politische Gewalttaten der Vergangenheit aussprach. Die Wahlen von 1932 gewann Fianna Fàil entscheidend gegen ihre Gegner der Gründerpartei Cumann na nGaedheal, indem sie von deren laissez-faire-Politik abrückte und stattdessen ein staatlich gesteuertes Industrialisierungsprogramm, die Schaffung von Jobs und die Errichtung eines sozialen Netzes propagierte. Sie forderte außerdem die vollständige Unabhängigkeit vom britischen Empire, anstatt im bisherigen Dominion-Status zu verbleiben. Bis weit ins 20. Jahrhundert ist die Fianna Fàil die natürliche Regierungspartei Irlands geblieben.