Donnerstag, 27. Juni 2013

Irische Geschichte, Teil 5: Bürgerkrieg und Spaltung

Von Stefan Sasse

Teil 1 findet sich hier. In ihm wurde beschrieben, wie Irland seit der Personalunion mit der englischen Krone eine wechselhafte Beziehung mit England unterhielt und vor allem durch seine inneren Konflikte gespalten war, die entlang der Konfessionsgrenzen und Besitzverhältnisse verliefen. In Teil 2 wurde deutlich gemacht, wie die Politik der britischen Regierung und des Parlaments eine immer stärkere Wechselwirkung mit Irland entwickelten, in dem sich eine nationalistische Bewegung zu bilden begann und stets an Boden gewann. Als Großbritannien sich für die Selbstverwaltung Irlands, die Home Rule, entschied, hatten die Devolutionisten, die die totale Unabhängigkeit wollten, bereits deutlich an Boden gewonnen. Teil 3 beschrieb die zunehmende Gewaltbereitschaft zwischen den Unionisten in Ulster und den Nationalisten im Rest des Landes und die Konflikte um die Home Rule und wie diese Konflikte durch den Ersten Weltkrieg erst vertagt und dann verschärft wurden. In Teil 4 wurde gezeigt, wie die Iren den bewaffneten Kampf gegen die Briten aufnahmen und bereits in diesen Tagen der inner-irische Konflikt zu einer Art verdeckten Bürgerkrieg wurde. Auch die irische Nationalbewegung spaltete sich über das Ergebnis des Konflikts - die Teilung Irlands und den Dominion-Staus - und begann den bewaffneten Kampf gegeneinander.

Soldaten der irischen Armee auf einem Schiff
Prinzipiell war für die Counties im Norden Irlands vorgesehen, dass die Grenzen provisorisch waren und dass eine Kommission sie entlang der Präferenz der Bewohner festlegen würde. Diese Regelung war stark im Interesse der neuen Irischen Republik, denn die Unionisten im Norden stellten nicht auch nur annähernd in der gesamten Fläche der sechs Counties die Mehrheit; wenn die Kommission auch nur bei der Hälfte eine unionistische Mehrheit gefunden hätte, wäre dies eine Überraschung gewesen. Ein solcherart zusammengesestutztes Nordirland aber wäre praktisch nicht lebensfähig gewesen; eine winzige Enklave am Nordostzipfel des Landes, von den lebenswichtigen Verbindungen der Industriegebiete (die unionistisch und protestantisch waren) und dem sie versorgenden Umland (das eher nationalistisch und katholisch war) abgeschnitten. Der aufkeimende Bürgerkrieg zwischen den Vertragsgegnern um Éamon de Valera und den Befürwortern um Michael Collins aber enthob Großbritannien dieses Problems. 

Donnerstag, 13. Juni 2013

Irische Geschichte, Teil 4: Der irische Unabhängigkeitskrieg

Von Stefan Sasse

Teil 1 findet sich hier. In ihm wurde beschrieben, wie Irland seit der Personalunion mit der englischen Krone eine wechselhafte Beziehung mit England unterhielt und vor allem durch seine inneren Konflikte gespalten war, die entlang der Konfessionsgrenzen und Besitzverhältnisse verliefen. In Teil 2 wurde deutlich gemacht, wie die Politik der britischen Regierung und des Parlaments eine immer stärkere Wechselwirkung mit Irland entwickelten, in dem sich eine nationalistische Bewegung zu bilden begann und stets an Boden gewann. Als Großbritannien sich für die Selbstverwaltung Irlands, die Home Rule, entschied, hatten die Devolutionisten, die die totale Unabhängigkeit wollten, bereits deutlich an Boden gewonnen. Teil 3 beschrieb die zunehmende Gewaltbereitschaft zwischen den Unionisten in Ulster und den Nationalisten im Rest des Landes und die Konflikte um die Home Rule und wie diese Konflikte durch den Ersten Weltkrieg erst vertagt und dann verschärft wurden.

Mitglieder der dritten Tipperary-Brigade der IRA, 1921
Großbritannien war nicht in der Lage, Irland unter seiner Herrschaft zu behalten. In den Nachwehen der "Conscription Crisis" von 1918 fiel unter den Irish Volunteers der Entschluss, die Unabhängigkeit, die Großbritannien nicht zuzugestehen bereit war, gewaltsam zu erzwingen. Am 21. Januar 1919 kam das revolutionäre irische Parlament, die Dáil Éireann, in Dublin im Mansion House zusammen und verabschiedete die irische Unabhängigkeitserklärung, die recht unspezifisch "die irische Nation" für unabhängig erklärt (möglicherweise um nicht von Anfang an in Konflikt mit den Unionisten um Ulster zu geraten). Wie um die Nachricht zu unterstreichen wurden am selben Tag auch die ersten Schüsse des Unabhängigkeitskriegs abgegeben, als Mitglieder der Irish Volunteers zwei Mitglieder der Royal Irish Constabulary, RIC, einer Art bewaffneter Besatzungspolizei, in Tipperary erschossen. Der 21. Januar 1919 wird daher allgemein als Beginn des irischen Unabhängigkeitskriegs gesehen.

Dienstag, 4. Juni 2013

Irische Geschichte, Teil 3: Der Weg in den Bürgerkrieg

Von Stefan Sasse

Teil 1 findet sich hier. In ihm wurde beschrieben, wie Irland seit der Personalunion mit der englischen Krone eine wechselhafte Beziehung mit England unterhielt und vor allem durch seine inneren Konflikte gespalten war, die entlang der Konfessionsgrenzen und Besitzverhältnisse verliefen. In Teil 2 wurde deutlich gemacht, wie die Politik der britischen Regierung und des Parlaments eine immer stärkere Wechselwirkung mit Irland entwickelten, in dem sich eine nationalistische Bewegung zu bilden begann und stets an Boden gewann. Als Großbritannien sich für die Selbstverwaltung Irlands, die Home Rule, entschied, hatten die Devolutionisten, die die totale Unabhängigkeit wollten, bereits deutlich an Boden gewonnen. 

Abteilung der Ulster Volunteers
Vermutlich hätten die Briten recht schnell einen Bürgerkrieg an der Hand gehabt, wenn nicht der Erste Weltkrieg dazwischen gekommen wäre. Bereits 1912 hatten die neu gegründeten Ulster Volunteers, die sich verbissen gegen die Idee der Home Rule wehrten, 100.000 Freiwillige, die im April 1914 30.000 Gewehre und drei Millionen Schuss aus Deutschland geliefert bekommen hatten - eine Lieferung, die die Ulster Volunteers gegen den Willen der Behörden ins Land zu bringen in der Lage waren, indem sie diese schlicht blockierten. Für die Briten zeigte sich, wie schwierig es werden würde, Regierungs- und Parlamentsbeschlüsse wie die Home Rule künftig in Irland umzusetzen, wo bewaffneter Widerstand in der Mentalität der politischen Parteien bereits als legitimes Mittel galt. Dazu kam, dass die britische Armee, traditionell nicht besonders begeistert gegenüber dem, was sie als Polizeiaufgaben gegenüber britischer Bevölkerung sah (bereits im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hatte die Armee aus diesen Vorstellungen heraus nur halbherzig agiert; in den nicht-britischen Kolonien hatte sie weniger solche Bedenken), kein zuverlässiges Mittel war - im März 1914 weigerten sich britische Offiziere im Curragh Camp in Nordirland etwa, gegen die Ulster Volunteers vorzugehen und drohten mit Rücktritt.