Jeder Staat hat seinen Gründungsmythos. Das Deutsche Reich hatte Sedan, die Weimarer Republik den Versailler Vertrag und die Revolution von 1918/19, Frankreich die Französische Revolution, England die Glorious Revolution, die USA den Unabhängigkeitskrieg. Die UdSSR hatte die Oktoberrevolution, China hat den Langen Marsch, Vietnam den Krieg gegen Frankreich und Israel den Krieg von 1948, den es mit Palästina als Gründungsmythos teilt. Die obige Aufzählung zeigt, dass Gründungsmythen nicht immer, aber doch meist positiv sind. Was die obige Darstellung noch nicht zeigt, was aber kurz skizziert werden soll, ist, dass diese Gründungsmythen historisch nie haltbar sind und stark eine bestimmte Deutung forcieren, die wichtige Tatsachen unter den Tisch fallen lässt. Sedan ist hier noch am Ehrlichsten; die gewonnene Schlacht gegen die Franzosen und anschließend die Ausrufung des Reiches im Spiegelsaal von Versailles sind faktisch belegte Ereignisse; freilich unterscheidet sich ihre Interpretation.
Freitag, 28. August 2020
Donnerstag, 27. August 2020
Die Simulation von Widerstand als kollektive Seelenmassage
Geschichten über das Leben in der Diktatur erfreuen sich einer ungebrochenen Beliebtheit, was angesichts unserer Erfahrungen mit solchen - die zwölf Jahre des Dritten Reiches und, für diejenigen, die das Pech hatten auf der östlichen Seite der Zonengrenze zu leben, weitere vierzig Jahre "realsozialistische" Diktatur - wenig verwundern dürfte. Oftmals drehen sich solche Geschichten entweder zentral um Widerstand gegen diese Diktaturen oder sie haben widerständlerische Elemente in einigen oder allen Charakteren. Mir ist dabei ein Trend aufgefallen: Deutsche Geschichten dieser Art, ob in Roman oder Film, neigen zu einer entpolitisierten, existenziellen Art des Widerstands. Und ich halte das für ein Problem.
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