Obwohl der Holocaust wohl eines der best-rezipierten Themen der deutschen Geschichte ist, gibt es in der Forschung immer noch zahlreiche Leerstellen und Unklarheiten. Dazu kommt, dass die Interpretation des Holocaust großen Änderungen unterworfen ist, die von der Öffentlichkeit nicht immer nachvollzogen werden - zumindest nicht auch nur annähernd in der Geschwindigkeit, in der die Forschung voranschreitet. Obwohl etwa die Bedeutung des Teils des Holocaust, der sich außerhalb der Vernichtungslager durch Erschießungen und andere direkte Gewalt vollzog - immerhin etwa die Hälfte der Morde - in der Forschung seit den 1990er Jahren stark in den Fokus gerückt ist, bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch die Rampe von Birkenau und mit ihr die Vorstellung eines industriellen, organisierten, effizienten Massenmords vorherrschend. Dazu gehört auch eine kuriose Entfernung von den eigentlichen Taten: die deutsche Rezeption legte in der Forschung und legt noch immer in der Öffentlichkeit großes Gewicht auf die "Schreibtischtäter" und die Bürokratie des Terrors, die das spezifisch Deutsche des Holocaust gut zu unterstreichen scheinen - einerseits seine Singularität in der Industralität, andererseits die Effizienz, die mit dem deutschen Selbstbild auf geradezu perverse Art zusammenpasst. Tatsächlich legten die Nazis Wert darauf, die Drecksarbeit nach Möglichkeit andere für sich machen zu lassen. Auf dieses "Fußvolk der Endlösung" legt Thomas Sandkühler im vorliegenden gleichnamigen Band seine Aufmerksamkeit.