Freitag, 25. August 2017

Der lange Weg nach Charlottesville, Teil 3 (Clinton bis Bush)

Teil 3 des Artikels, Teil 2 hier, Teil 1 hier.

Dieser Rechtsschwenk kam nicht ohne Grund. Die Democrats waren nach drei verlorenen Präsidentschaftswahlen fest entschlossen, den verlorenen Boden wieder gut zu machen, den die Republicans seit Reagans Wahl besetzt hielten. Ihr Problem waren die großen Verluste in der weißen Mittelschicht, die sich von der law&order-Rhetorik der Republicans auf der einen Seite angezogen und von der Konzentration der Democrats auf Arme und Arbeiterschicht auf der anderen abgestoßen fühlten. Da die Schwarzen inzwischen mit satten Mehrheiten jenseits der 80% die Democrats wählten, kam ein Nachvollziehen des Rassismuschwenks der GOP nicht in Frage. Es war ein Politiker aus Arkansas, der den Gordischen Knoten durchschlug: Bill Clinton. Der junge Gouverneur erfand eine neue Strategie für die Democrats, die den Erfolg der Republicans für ihre eigene Klientel adaptierte und die Mehrheitsverhältnisse im Land dramatisch und dauerhaft verändern sollte: triangulation.

Clinton hatte zweierlei Erkenntnisse aus den verlorenen 1980er Jahren. Die erste: it's the economy, stupid. Seine These war, dass die Wahl dadurch entschieden wurde, dass die Wähler ihm größere ökonomische Kompetenz zusprachen als Bush (oder einem anderen Republican). Seine zweite Erkenntnis war, dass auf der traditionellen Achse der ökonomischen Diskussion - Hilfe für die Armen vs. Steuererleichterungen für die Reichen - nichts zu holen war. Dieser frame war eine Erfindung der Republicans, und ihn zu bedienen hieß zu verlieren. Hier kam triangulation ins Spiel: Anstatt auf der Achse zu verbleiben, verortete er sich auf einem dritten Punkt außerhalb, daher der Name. Unter der Bezeichnung "Dritter Weg" führte diese Strategie Sozialdemokratien weltweit aus der elektoralen Diaspora, so etwa Blair und Schröder. Clintons Angebot an die Amerikaner war daher einfach. Er definierte die Democrats als Partei der Mittelschicht, und ausschließlich der Mittelschicht. Diese war groß und ging zuverlässig wählen; elektorale Gewinne waren hier also am ehesten zu erwarten. Die Armen würden mangels Alternative ohnehin weiter Democrats wählen.

Diese Strategie hatte aber auch einen Preis: Um auf die spezifischen "Sorgen und Nöte der Menschen" in der Mittelschicht eingehen zu können, musste Clinton den Rechtsschwenk der Republicans nachvollziehen. Zwar griff er nicht auf den breiten Rassismus der Republicans zurück, aber er bediente Klischees, die den Schwarzen die Schuld für ihre Situation selbst zusprachen und die Weißen reinwuschen. Stellvertretend für diesen Ansatz ist der berühmte "Sister-Souljah-Moment", in dem er die radikale Sängerin Sister Souljah mit David Duke vom Ku-Klux-Klan verglich (ja, von dem wussten damals alle schon, dass er igitt war, Mr. Trump). Gleichzeitig setzte er sich aber auch betont für die "guten" Schwarzen ein, was ihn paradoxerweise zum progressivsten Präsidenten gegenüber der Rassenfrage bis dato machte (die Bezeichnung Clintons als "first black president" geht auf sein gutes Standing in der community zurück). Im Wahlkampf 1992 blieb diese Rhetorik ein gut funktionierender Wahlkampftrick. Sie sollte allerdings wie ein Bumerang in der Wahl 1996 zurückkommen.

Der Erfolg Clintons kam für die Republicans wie ein Schock. Wie in jeder Wahl seither fanden sie die Erklärung schnell: ihr Kandidat war einfach nicht rechtsradikal genug gewesen. Bush, der als moderater Republican der Basis ohnehin suspekt gewesen war, wurde fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Noch heute spielt er in der kollektiven Erinnerung der Partei praktisch keine Rolle und wird wie ein Verräter betrachtet, weil er es wagte, die explodierenden Reagan-Defizite durch eine vernünftige Steuerreform einzufangen. Stattdessen wanderte die Macht in der GOP zu Newt Gingrich. Er war die "house minority whip", so etwas wie der Generalsekretär der Republicans im Repräsentantenhaus. Seine Aufgabe war es, die Fraktion zusammenzuhalten und den Gegner schärfstens zu attackieren. Beide Aufgaben erfüllte er mit Bravour, vor allem, indem er sich das Fernsehen zunutze machte, das seit Ende der 1980er Jahre live aus dem Kongress berichten durfte. Er war einer der ersten die sich darauf eingestellt hatten, kurze, zitierwürdige Elemente in seine Reden einzubauen, vor allem, indem er massiv provozierte und Grenzen überschritt. Seine ganze Karriere fußte auf diesem Prinzip.

Gingrich war aber auch ein begnadeter wie skrupelloser Politiker. Er beschloss, das genaue Gegenteil dessen zu tun, was die Democrats 1980-1992 getan hatten: anstatt sich dem geänderten Zeitgeist anzupassen und ihn behutsam abzubremsen, steuerte er seine Partei in die Totalopposition. Die Belohnung gab es 1994: zum ersten Mal seit 40 Jahren gewannen die Republicans die Mehrheit im Repräsentatenhaus. Wie Obama 2009 wurde auch Clinton 1993 von der Heftigkeit überrascht. Egal um welches Thema es ging, die Republicans blockierten Clinton. Das prominenteste Opfer dieser Politik war die Gesundheitsreform, die unter Schirmherrschaft seiner Frau Hillary die Epidemie der Unversicherten in den USA lösen sollte. Es würde bis 2014 dauern, ehe diese Hypothek republikanischer Obstruktion endlich gesetzlich angegangen wurde. Gleichzeitig attackierte Gingrich Clinton auf persönlicher Ebene und nutzte dessen nicht gerade saubere Vergangenheit, um einen Skandal nach dem anderen aufzublasen - gemäß dem Prinzip, wenn man nur genug Schlamm warf, würde schon etwas hängen bleiben.

Und es blieb etwas hängen: ein dubioser Immobiliendeal aus den späten 1980er Jahren, in den die Clintons über Umwege verwickelt waren, war das Sprungbrett für die Ernennung eines special investigor, Kenneth Starr. Mit dieser etwas speziellen Einrichtung des US-Systems macht Donald Trump gerade seine Erfahrungen (Robert Mueller, in seinem Fall). Ein special investigator ist mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und untersucht einen (politischen) Fall. Er kann aber nach eigener Maßgabe auch weitere Untersuchungen öffnen. Das sind weitreichende und kaum eingegrenzte Kompetenzen, die eine verantwortungsbewusste und charakterstarke Person erfordern. Niemand hat Gingrich je vorgeworfen, besonders verantwortungsbewusst oder charakterstark zu sein, und das zeigt sich an der Auswahl seiner special investigators ebenso: Kenneth Starr war ein fanatischer Clinton-Hasser. Whitewater, der Name des Immobilienfalls, ergab nie irgendetwas Belastbares. Aber Starr kam von einem ins andere, bis er 1998 - vier Jahre später, in denen er die Ermittlungen immer und immer wieder in die Nachrichten zerrte - auf Monica Lewinsky stieß. Zu diesem Zeitpunkt war Gingrich bereits nicht mehr Sprecher des Repräsentenhauses - er war 1997 über einen wohl begründeten und bewiesenen Korruptionsfall gestolpert.

Gingrich, der mit seinem "Contract for America" die "southern strategy" Nixons zu einem vorläufigen Höhepunkt brachte, der den Republicans die Mehrheit im Kongress gegen Clinton und die Democrats sicherte, sicherte der GOP eine neue Basis für Mehrheiten. Die Evangelikalen waren nun ein loyaler und solider Wählerblock der Republicans. Dass Gingrich selbst ein Serien-Ehebrecher war, dass er sich von seiner krebskranken Frau scheiden ließ weil diese "nicht mehr hübsch genug" war - geschenkt. Die Evangelikalen waren nun GOP-Stammwähler, und sie würden selbst ein Monster wie Trump ins Amt wählen, wenn es nur unter dem Label des Elefanten antrat. Mit moralischen Werten hatte und hat dies wenig zu tun. Die Evangelikalen aber bildeten nun den neuen Kern der Parteibasis, und in ihm - wie auch in anderen Teilgruppen der Partei - gewannen die Radikalen Oberwasser. Mit dem berauschenden Sieg von 1994 zog auch eine Menge Radikaler in den Kongress ein, was der Partei bald spürbar zu schaffen machen sollte.

Es zeigte sich jedoch schnell, dass Gingrichs politisches Talent zwar hervorragend für Machterwerb und Obstruktion taugte, jedoch wenig für konstruktive legislative Arbeit. Der republikanische Kongress hoffte, Clinton durch eine Art offener Kriegserklärung in die Knie zwingen zu können. Das genaue Gegenteil geschah. Gingrich erzwang um den Jahreswechsel 1995/1996 einen government shutdown, der jedoch auf die Republicans selbst statt auf Clinton zurückfiel. Anfang 1996 war Gingrich bereits eine toxische Persönlichkeit im amerikanischen Politikbetrieb. Mit oder ohne ihn jedoch war die Partei auf den gleichen Pfad getreten: in Richtung eines destruktiven Obstruktivismus, sich immer weiter radikalisierend.

Dies wurde 1996 offenkundig. Die Republicans nominierten seinerzeit in einem vergleichsweise unspannenden Wahlkampf Bob Dole, einen verdienten Veteran der Partei, der aber gleichzeitig nicht sonderlich spannend war. Wie Mitt Romney 2012 wurde ein Mann Präsidentschaftskandidat, der aus der Zeit gefallen war: auf dem Parteitag schrieben die radikalen Republicans einen Verfassungszusatz zum totalen Verbot von Abtreibungen ebenso ins Wahlprogramm wie völlig absurde Steuersenkungen (rund 15% im Durchschnitt), ohne dass dies die Partei befrieden würde. Den Radikalen ging es nicht weit genug, den Moderaten zu weit. Dieses Spiel sollte sich für die GOP besonders in der Ära Obama noch viele Male wiederholen. Innerlich zerrissen taumelte die Partei in einen Wahlkampf, in dem ihr von rechts auch noch Konkurrenz durch Ross Perot entstand. Von seiten der GOP drohte Clinton kaum Gefahr.



Um so mehr musste er aufpassen, seine Flanke nach rechts abzudecken. Die Obstruktionspolitik der Republicans hatte ihn nach rechts gezwungen, seine progressiven Anliegen waren entweder abgearbeitet oder hatten keine Aussicht auf Verwirklichung. Dies ließ nur die wirtschaftlichen Teile des Dritten Wegs, für die sich auch Republicans erwärmen konnten, wie etwa die Aufhebung vieler finanzwirtschaftlicher Regulierungen (die den Weg in die Finanzkrise ebnen sollten). Die starke Wirtschaft aber machte ihn diesbezüglich nur wenig angreifbar. Das einzig verbliebene Thema 1996, das ihm ernsthaft schaden konnte, war die Kriminalität. Diese fiel zwar beständig, war aber immer noch hoch genug, um als nationales Problem wahrgenommen zu werden. Sowohl Clinton als auch seine Ehefrau Hillary ließen hier moralisches Rückgrat vermissen und schlossen sich überstürzt einer Medienkampagne gegen eine angeblich epidemieartig wachsende Jugendkriminalität an, die angeblich grassierte. Die Hypothek dieser Politik würde seine Frau Hillary, die öffentlich von superpredators sprach, in den Wahlkämpfen von 2008 und 2016 als letztlich unüberwindbare Bürde mit sich tragen.

Die restlichen Clinton-Jahre war die US-Politik hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt. Der republikanische Kongress versuchte die Lewinsky-Affäre zu benutzen, um Clinton aus dem Amt zu jagen, und überreizte dabei ihre Hand gnadenlos, so dass die Midterms 1998 mit Gewinnen für die Democrats endeten - eins von nur drei Malen seit 1913, dass der Präsidentenpartei so etwas gelang. Nach dieser Niederlage begannen die Republicans mit ihren Planungen für den Wahlkampf 2000.

Die beiden größten Kandidaten waren George W. Bush und John McCain. Ersterer hatte alle Trümpfe in der Hand. Er verfügte noch von seinem Vater über ein großes Netzwerk begabter Strategen (die Erben Atwaters, sozusagen), war seit seiner Konversion zu den Evangelikalen der Liebling der radikaltheologischen Basis und war aus seiner Zeit in Texas auch mit dem Big Business, besonders der Öl- und Militärindustrie, hervorragend vernetzt. Trotzdem brachte das Bush-Team wie bereits unter seinem Vater rassistische Attacken gegen den Herausforderer in Stellung. Mit dem bewährten Rezept, nominell unabhängige Gruppen die Angriffe fahren zu lassen, wurde John McCain vorgeworfen, seine Frau sei drogensüchtig und das Adoptivkind aus Bangladesch, das er und seine Frau angenommen hatte, sei in Wirklichkeit das uneheliche Kind einer Affäre McCains mit einer Schwarzen. Das war genug für die Evangelikalen, um sich entschieden von McCain abzuwenden, obwohl die Vorwürfe hanebüchen und leicht überprüfbar waren. Wie sich bereits bei Gingrich gezeigt hatte kümmerten sich die Evangelikalen keinesfalls um Affären; die Moral war ihnen völlig egal. Relevant war, dass keine "Rassenschande" begangen wurde. Es fiel den Evangelikalen 2008 entsprechend leicht, McCain zu verzeihen und gegen den ersten schwarzen Präsidenten zu verteidigen.

Bush gewann die Vorwahlen entsprechend leicht. Sein Herausforderer allerdings hatte es in sich: Al Gore, Vizepräsident unter Clinton und langjähriger Senator aus Tennessee, war ein begabter Politiker und extrem kompetent auf vielen Gebieten. Letzteres traf auf Bush keinesfalls zu, der bereits im Wahlkampf 2004 viel unter dem Vorwurf zu leiden hatte, nicht gerade laut "hier!" geschrien zu haben, als Gott die Intelligenz verteilte. Entsprechend desaströs war seine Performance in den Debatten und in jedem halbwegs substanziellen Interview. Um dieses offensichtliche Problem anzugehen, griffen die Republicans auf die seit Goldwater bewährte Strategie zurück, ihren Gegner Elitismus und Arroganz vorzuwerfen. Aggressiv umwarben sie ihre Wähler damit, doch mindestens genauso blöd wie Bush zu sein und schufen ein Gefühl kollektiven Beleidigt-Seins gegenüber den Democrats. Al Gore tat sich durch zwei Wahlkampffehler - seine Distanzierung zu einem rapide beliebteren Clinton und seine offene Verachtung Bushs - auch nicht gerade einen Gefallen.

Am Ende allerdings reichte alles nicht. Al Gore gewann das popular vote, und die Wahl entschied sich an Florida, wo beide Herausforderer im Bereich von wenigen hundert Stimmen auseinander lagen und Bushs Bruder Jeb, der dort Gouverneur war, alles legale, halblegale und vermutlich illegale getan hatte, um seinem Bruder zu helfen. Tatsächlich gab es bei der Wahl in Florida so viele Unstimmigkeiten, dass der Supreme Court von Florida eine Neuauszählung anordnete. Die Panik, die die Republicans vor dieser Auszählung hatten, spricht Bände. Nachdem sie bereits die Präsidentschaft und den Kongress kompromittiert hatten, rissen sie jetzt die letzte noch von ihrer Radikalität und Skrupellosigkeit unangetastete Institution mit sich in die Tiefe: den Supreme Court.

Es ist passend, dass gerade eine Ernennung Reagans das entscheidende Zünglein an der Waage war. Antonin Scalia, ein Radikal-Originalist, vergaß seine eigenen Prinzipien für den opportunen Moment (wie er es noch öfter tun sollte, wenn es seiner Partei half) und schloss sich seinen Parteigenossen an, um die Nachzählung zu blockieren. Die verfassungsrechtliche Legitimierung dieses Schrittes lautete im Endeffkt "wir haben die Stimmen und können es tun", und die fünf republikanischen Richter hatten auch ein hinreichend schlechtes Gewissen, in ihre Urteilsbegründung explizit zu schreiben, dass es keinesfalls als Präzedenzfall für wie auch immer geartete spätere Nachzählungen herhalten könne. Zum ersten Mal seit 1888 wurde ein Mann Präsident, der die Wahl eigentlich verloren hatte. Es war ein böses Omen für den Fortgang der amerikanischen Demokratie. Die Democrats, treu zur Verfassung wie stets, akzeptierten den Richtspruchdes Supreme Court sofort (was nicht gerade für alle Aktivisten galt). Dass die Republicans sich in einer vergleichbaren Situation genau gegenteilig zu verhalten gedachten erklärten sie, völlig schambefreit, offen für alle Welt.

Die eigentliche Präsidentschaft Bushs war, gemessen an den Erwartungen des Jahres 2000, merkwürdig gemischt. Das einzige lange Desaster der Außenpolitik und des Patriot Act soll an dieser Stelle nicht länger ausgebreitet werden, sie sind hinreichend bekannt. Bis zum elften September 2001 war die Regierungszeit Bushs denn auch nicht sonderlich folgenreich. Er schickte sich an, ein typischer republikanischer Präsident zu werden, mit einem Schuss evangelikalen Extremismus'. Aber die Fokusverschiebung auf die Außenpolitik und die Bindung enormer Ressourcen sorgte für eine Vernachlässigung der Innenpolitik. Wo es ernsthafte Reformversuche gab - etwa die unverantwortlichen Steuerentlastungen für Millionäre - entsprechen diese entweder dem üblichen republikanischen Programm oder scheiterten. Überwiegend war die Bushregierung damit zufrieden, zu deregulieren und jegliche Fortschritte zu behindern (vor allem auf dem Gebiet des Klimawandels). Das galt auch für jegliche Rassenpolitik, wo es den lokalen Institutionen überlassen blieb, Schaden anzurichten oder zu vermeiden. Die Schwarzen dankten es Bush mit dem Rekordergebnis von 11% ihrer Stimmen im Jahr 2004, die laut manchen Experten für den Verlust Ohios (und damit der Präsidentschaft) für John Kerry verantwortlich waren. Die geringe Zahl innenpolitischer Initiativen ist bemerkenswert wenn man bedenkt, dass die Regierung 2002 bis 2006 effektiv die volle Kontrolle über alle drei Gewalten genoss. Hier ist deutlich der Effekt des "War on Terror" und des Irakkriegs zu sehen.

Der Sturz Bushs kam dann 2005. Die gigantische Flutkatastrophe von New Orleans durch den Hurrikan Katrina wird gerne als Anfang vom Ende gesehen, aber auch die Schlacht von Falludscha im gleichen Jahr, die große US-Verluste brachte und die Illusion eines schnellen Erfolgs im Irak endgültig zerstörte spielte eine Rolle. Der Sargnagel für Bushs innenpolitische Agenda war der Versuch, die Sozialversicherungen zu privatisieren. Ähnlich wie bei den Versuchen der radikalen Beschneidung Medicares und Medicaids 2017 erfuhren die Republicans einen ungeheuren backlash, der zu historischen Verlusten bei den Midterms 2006 führte und Bush in eine Lame Duck verwandelte. Weiter verkompliziert wird die Geschichte seiner Präsidentschaft durch die gewaltige Ausweitung Medicares (Medicare D) für Rentner und seine generell sehr positive Haltung zu den Latinos. Beides machte ihn nach dem Ende seiner Präsidentschaft zum Anathema in seiner eigenen Partei. Im Wahlkampf 2008 jedenfalls lagen seine Beliebtheitswerte unter 30%. Es war praktisch ausgemachte Sache, dass ein Democrat ihn beerben würde (auch wenn John McCain glaubte, er könne kraft seines Maverick-Status alles über den Haufen werfen). Nach der Niederlage des WASP-Ostküstenestablishments mit John Kerry 2004 war auch klar, dass die Democrats nicht wieder einen angelsächsischen weißen Mann ins Rennen schicken würden. Das 21. Jahrhundert hatte für die Democrats mit voller Kraft begonnen, während die Republicans sich um die Frage zerfleischte, ob man zurück ins 20. oder gleich ins 19. Jahrhundert wollte. Die GOP war erschöpft und ausgelaugt von den Kämpfen und Enttäuschungen seit 1992. Es würde schon etwas Außergewöhnliches brauchen, um die Partei schnell zu revitalisieren. Einige liebäugelten bereits mit einem Bündnis mit den vitalen Gruppen von rechts, die bisher keine Heimat in der republikanischen Partei gefunden hatten, weil sie selbst für Newt Gingrich, Dick Cheney und Karl Rove zu radikal gewesen waren. Das Teufelsbündnis war drauf und dran, in die dritte Verlängerung zu gehen und die Partei ein weiteres Mal tiefgreifend zu verändern.

Weiter geht's im vierten Teil.

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