Freitag, 21. Januar 2011

Sinn und Unsinn von Leugnungsverboten

Von Stefan Sasse

Es ist EU-weit verboten, die Existenz des Holocaust zu leugnen. Darauf stehen hohe Strafen. Den Holocaust leugnet man vor allem, indem man behauptet, er habe nie stattgefunden (ja, es gibt Leute, die das tun, so schwierig das auch zu glauben ist). Es ist aber auch möglich, durch krasse Relativierung straffällig zu werden (à la "die hatten es ja eh verdient"). Immer wieder gibt es Vorstöße, auch die Leugnung kommunistischer Verbrechen EU-weit unter Strafe zu stellen, und inzwischen wollen auch Schwellenländer ihren Anteil vom Verbotskuchen und fordern gelegentlich das Verbot der Leugnung von Kolonialverbrechen. Und viel Streiterein zwischen China und Japan drehen sich noch heute um die extrem mangelhafte Aufarbeitung der japanischen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg; die Chinesen allerdings sind nicht gerade Spitzenreiter darin, die Massaker ihres eigenen Mao-Regimes aufzubereiten. Welchen Sinn und Unsinn haben also formelle, juristisch wirksame Verbote für Leugnung oder Relativierung bestimmter historischer Ereignisse?

Ich behaupte: nicht viel. In den USA beispielsweise kann man den Holocaust leugnen, so viel man will, wenn man möchte dreimal täglich auf dem Marktplatz. Trotzdem kann man dort keine besonders antisemitische Strömung ausmachen. Gleichzeitig ist zwar in der EU inzwischen die Diskriminierung der Juden durch Holocaustleugnung ausgeschlossen, gleichzeitig aber darf man noch völlig problemlos behaupten, dass es keine Judenpogrome im Mittelalter gab. Es soll verboten werden, stalinistische Verbrechen zu leugnen, während die Völkermorde in Ruanda völlig problemlos geleugnet werden können. Sinn macht das nicht wirklich. Klar, in Ruanda sind es ja nur Afrikaner. Man kann diesen Fokus also mit der Selbstbezogenheit der Europäer erklären. Verbote dieser Art haben aber drei immanente Probleme. 

Das erste Problem ist, dass sie eine Sicht der Geschichte festschreiben und gegenüber späteren Revisionen deutliche Barrieren errichten. So sind die Opferzahlen nur näherungsweise und schwer zu ermitteln, werden aber faktisch gesetzlich festgeschrieben - ganz so, als ob der Holocaust nur halb so schlimm gewesen wäre, wenn es doch "nur" drei Millionen statt sechs Millionen Tote gewesen wären. Die Verbrechen ziehen ihre Qualität nicht aus der reinen Opferzahl, sondern aus der Tragweite und Monstrosität, mit der sie ausgeübt wurden. Ernsthafte Forschungen auf dem Gebiet sind aber schwieriger, weil man beständig aufpassen muss, nicht irgendeinen Paragraphen zu verletzen. 

Das zweite Problem ist, dass diese Verbote zu einer politischen Waffe degenerieren können. Es schmälert das Gedenken und die Verantwortung gegenüber dem Holocaust, wenn man ihn dazu benutzen kann, missliebige Gegner auszuschalten. Ganz besonders widerlich ist das im Fall derjenigen Konservativen, die durch ein gleichartiges Verbot von Leugnung von kommunistischen Verbrechen diese auf eine Stufe mit dem Holocaust stellen wollen. Dass dieses Vorhaben als Waffe gegen die Feinde im linken Lager gedacht ist liegt auf der Hand; zielführend allerdings ist es keinesfalls. 

Das dritte Problem ist, dass Verbote denjenigen, die solche Leugnungen tatsächlich vertreten wollen, auch noch Legitimität geben, weil sie sich durch die folgendenen Verfahren als Märtyrer gerieren können. Auf diese Art und Weise stärkt man das Ansehen der rechten Spinner in ihrer jeweiligen Szene und beschäftigt sich mit ihnen auf ihrem ganz eigenen Niveau. Das allerdings ist die falsche Taktik; man sollte sie stattdessen genau der Lächerlichkeit preisgeben, in der sie operieren, anstatt ihnen durch spektakuläre Aktionen des Rechtsstaats genau die Bühne zu geben, nach der sie greifen. 

Letztlich können Verbote wie diese ihren Zweck nie erfüllen. Sind sie überflüssig, weil die überragende Mehrheit ohnehin nie auf die Idee kommen würde, ihren Gegenstand zu vertreten, so können sie unerwünschte Nebeneffekte wie oben beschrieben haben. Wären sie aber notwendig, weil tatsächlich substantielle Teile der Öffentlichkeit die "schlechte" Meinung teilen, so wird auch ein Verbot nichts fruchten; die Gedanken sind und bleiben frei. Es ist notwendig, aktive Prävention und Aufklärung vor sich gehen zu lassen; die Vorstellung, ein juristisches Verbot könne einen unerwünschten Gedankengang aus der Welt schaffen, ist bereits in der liberalen Revolution des 19. Jahrhunderts zigfach zum Guten widerlegt worden. Warten wir nicht darauf, dass es auch noch im Schlechten widerlegt wird.
 

28 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diese klaren Gedanken. Ähnliches gilt sicherlich auch für so manches, immer wieder ins Feld geführte, Verbotsverfahren, deren immense Kosten in keinem Verhältnis zu deren Wirksamkeit stehen und die, meiner Meinung nach, nur Versuche sind, sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu entziehen. Bildung ist immer noch wirkungsvoller, als jedes Verbot, aber ausgerechnet hier wird immer zuerst gespart... Liebe Grüße

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  2. Was auch ein Problem ist:

    Weil die Holocaustleugnung in Deutschland verboten ist, wissen war gar nicht, wie weit diese rechtextreme Meinung wirklich in unserem Land verbreitet ist.

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  3. Ich bin exakt der gleichen Meinung.

    Einen interessanten Gedanken (den ich nicht in der Meinung teile) findet man dazu übrigens im Archiv von USA Erklärt: (U.A.) Das Verbot von Holocaustleugnung könne man auch dadurch erklären, dass die Würde der Opfer in De grundgesetzlich über der Meinungsfreiheit der lebenden Bürger stehe.

    http://usaerklaert.wordpress.com/2006/11/22/free-speech-teil-1-warum-die-usa-holocaust-leugner-schutzen/

    Aus der Nachkriegsperspektive ist das vielleicht vorstellbar. Aber nicht mehr heute.

    Eine aber wesentlich relevantere Frage ist, welche Partei so wahnsinnig wäre, dieses logisch nachvollziehbare aber öffentlich schwer zu verkaufende Thema der Abschaffung des Holocaustleugnungsverbots auf die Agenda zu setzen. Der Zentralrat der Juden wäre wohl entsetzt. Wieder mal.

    Ein nun tief verwurzelter antifaschistischer Reflex der Deutschen ist eigentlich eine tolle Sache. Aber hier reagierte er auf das falsche Thema. Wenn es denn mal auf die Tagesordnung kommen sollte. Von wem auch immer.

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  4. Es gibt keinen tiefverwurzelten antifaschistischen Reflex. Es gibt, glücklicherweise, einen Anti-Reflex gegen alles was nach Nazi riecht. Abgeschafft wird dieses Verbot sicher nicht. Der Artikel war auch mehr ein Plädoyer dafür, keine weiteren hinzuzufügen.

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  5. Ich finde, dass ausgerechnet in diesem Blog dazu noch etwas Einordnung fehlt. Das Verbot der Holocaustleugnung könnte man als direkte Fortführung der Entnazifizerung sehen. Damals wurden die Menschen nicht umsonst gezwungen, die KZ anzusehen. War nicht "davon habe ich nichts gewusst!" eine häufige Selbstverteidigungsstrategie? Das mündet dann schnell in "Das gab es so gar nicht". Genau davor schützt das Verbot der Leugnung, zwar nicht im privaten, aber vll verhinderte es, dass sich diese Art der Selbstrechtfertigung mehr noch zur gesellschaftlichen Strömung wurde, als sie es auch mit Verbot in rechtsextremen Kreisen wohl wurde. Positionen nicht öffentlich vertreten können steuert vielleicht, auch wenn du das oben bestreitest, eine Gesellschaft doch.

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  6. Der Denkfehler ist hier, dass es das Verbot erst seit 1985 gibt - mithin also einer Zeit, in der die Aufarbeitung des Holocaust dank der gleichnamigen TV-Serie einen neuen Rekord erreichte.

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  7. Wer behauptet, das Menschenrecht der Meinungsfreiheit würde
    eingeschränkt, gehört bestraft.

    Und dass Presse und Politiker weiter straflos lügen dürfen , gehört sich auch so.

    Im Übrigen: der Mensch als solches ist latent faschistisch.

    Beobachte ihn mal. links, rechts wasauchimmer - die freiemeinung wird gern mal "faschistisch" vertreten.

    schon gemerkt?

    Erkenne dich selbst.

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  8. Eigentlich lohnt sich bei diesem Quatsch der Kommentar schon kaum, aber gut: schaut mal nach, was faschistisch und Faschismus eigentlich bedeuten. Dann beruhigt euch ein bisschen. Denkt nach. Und postet dann nochmal.

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  9. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  10. Bevor sich noch jemand wundert; an der Stelle befand sich vorher ein Nazi-Kommentar, den ich gelöscht habe und wieder löschen werde, wenn solcher Quark noch mal gepostet wird.

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  11. Welch Ironie, nach einem Beitrag aus dem Themenfeld Meinungsfreiheit die Kommentare zu zensieren... -_-

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  12. Die Ironie wird weniger wenn man bedenkt, dass ich rechtlich dazu verpflichtet bin - und sie wird umso mehr gesteigert, wenn man weiß, dass ich eine Holocaustleugnung gelöscht habe :D

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  13. Statt dumme und falsche Meinungen einfach zu verbieten, sollte man deren Verbreitung in der Bevölkerung einfach als Indikator dafür ansehen, wie gut die Bildungspolitik und gesellschaftliche Diskurs zum betreffenden Thema ist...

    Das ist, als würde man das zur Schau stellen von Armut verbieten.

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  14. @Moe: Jeder Blog ist eine Diktatur mit den Administratoren als absolute Herrscher. Ist auch vollkommen okay, in seinem Haus duldet man auch nicht jeden Spinner.

    @topic: Volle Zustimmung. Um noch etwas on rechtlicher Seite hinzuzufügen: Inwiefern solche Verbote mit der Meinungsfreiheit vereinbar sind, ist in der einschlägigen Fachliteratur übrigens hoch umstritten. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu wird jedenfalls von namhaften (und im Hinblick auf Rechtsextremismus unverdächtigen) Rechtswissenschaftlern mit guten Gründen angegriffen. Das ist umso einfacher, weil sich das Bundesverfassungsgericht mit einer Begründung schwer tut und die Vereinbarkeit eines solchen Verbots mit Art. 5 GG ziemlich offensichtlich konstruiert, um ein gewünschtes Ergebnis zu erhalten.

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  15. Eine gerechte Rechtsprechung kann nur auf allgemein gültigen Prinzipen beruhen. Ein solche Rechtsprechung müsste aber auch gegen erfundene und verschwiegenen Greultaten mit gleicher Härte vorgehen. Die wenigsten wissen sicher heute, das die Deutschen im 2WK eine eigene Abteilung zur Untersuchung von Kriegsverbrechen hatten, die mit echten Preußen (aus dem 1WK) besetzt war.

    In einer gerechten Welt würde mann aber auch falsche Fotos (ohne Kenntlichmachung) mit Strafe anden - YouTube > Millionen Augen <

    Da man das Gesetz nicht allgemeingültig ausgelegt hat, muss man davon ausgehen, das man damit einen gewissen Lekungseffekt erreichen wollte.

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  16. Du spielst wahrscheinlich auf die Wehrmachtsuntersuchungsstelle an. Die diente aber hauptsächlich dazu, Kriegsverbrechen gegen die Wehrmacht aufzudecken als Kriegsverbrechen der Wehrmacht gegen andere. Wenn überhaupt, dann ermittelte sie an der West- und Südfront - an der Ostfront war das Kriegsverbrechen Standard und von oben sanktioniert.
    Das Leugnungsverbot hat definitiv lenkende Intention; es soll unmissverständlich deutlich machen, dass Holocaustleugnung von der Gesellschaft nicht geduldet wird - eine absolut berechtigte Intention, nebenbei bemerkt.

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  17. Ja die Wehrmachtsuntersuchungsstelle, laut Prof. Dr. Alfred de Zayas sind vorallem die Verbrechen der Rotarmisten (also Ostfront) erhalten geblieben. polarfilm > Alliierte Kriegsverbrechen <

    Wie kann man das Messen mit zweierlei Maß als gerecht empfinden kann ist mir allerdings schleierhaft.

    Das kann nur jemand schreiben der glaubt, das die verbliebenen Deutsche Befölkerung in den von Polen anektierten Gebieten, freiwillig den Polen ihr hab und Gut überlassen haben. - YouTube > Was Guido Knopp verschweigt <

    Wollte Hitler den Krieg???
    YouTube > Wer wollte den Krieg <> Den Krieg nach Deutschland tragen <

    Ein wesetlicher Nutzen den man aus Krieg zieht besteht darin, eine Verschuldung zu kreieren bzw. die Finanzielle Unabhängigkeit eines Staates zu zerstören. Das betrifft sowohl den 1&2WK als auch Unabhängigkeitskrieg, den Sezessionskrieg und weitere. Deutschland war vor dem 1WK nahezu schuldenfrei und es war im Beszitz von Öl-Konzessionen im Irak. Schulden sind eine moderne Vorm von Sklaverei!

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  18. @Anonym: Ich würde ja sagen, dass die Videos zumindest die Lachmuskeln strapazieren. Aber irgendwie tun sie es nicht. Die Videos sind einfach nur peinlich, wenn man auch nur annähernd Ahnung von Geschichte hat.

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  19. Kein vernuenftiger Mensch kaeme noch auf die Idee die historische Tatsache des Holocaust zu leugnen.Dazu sind die damaligen Geschehnisse zu klar dokumentiert und bewiesen. Die einzige Funktion des Leugnungsverbots ist heutzutage praktisch die, Dummkoepfe davor zu schuetzen sich selbst als Dummkopf zu outen. Deshalb halte ich das Holcaustverbot mittlerweile fuer zunehmend entbehrlich.

    In den Jahrzehntenn direkt nach Auschwitz gab es sicher gute Gruende das Holocaustleugnungsverbot in Deutschland zu erlassen, z.B. den des Opferschutzes. Es waere sicher Ueberlebenden der Vernichtungslager nicht zuzumuten gewesen, dass ihnen ein paar Altnazis froehlich ins Gesicht kraehen duerfen, Gaskammern und Judenvernichtung haette es nie gegeben. Mit der Zeit verliert ein solches, sicher nachvollziehbares Argument allerdings seine Grundlage, da die direkt Betroffenen nach und nach aussterben, deshalb haette ich keine Bedenken, das Verbot abzuschaffen. Aufklaerung und Dokumentation sollten ausreichen das Leugnungsverbot vollstaendig zu ersetzen.


    Bernd Fouquet

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  20. Fein auswendig gelernt,die Umerziehung hat funktioniert,siehe Zusatzprotokoll zu 2 plus 4 Vertag.Euer Nazigequatsche langweilt,ein Stöckchen und der Hund springt,das einzige was damit bewiesen wäre ist eine Psychose.Der Natinalsozialist ist etwas komplexer.http://www.milanstation.de/

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  21. Noch bis vor 2 Jahren habe ich mit den gleichen Schablonen reagiert.Die"Rechte"ist kein einheitlicher Block,da gibt es tatsächlich welche die auf einen souveränen Staat verzichten würden,allerdings nur zu Gunsten von etwas besserem.Und sollte die"Linke"gewinnen dann wünsche ich viel Spaß im faschistischen Europa.Einige von uns halten sich lieber an Alois Irlmaier.

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  22. Das Verbot, Sachargumente vorzubringen, und die Tatsache, daß der Strafverteidiger sich das Knie dick macht, wenn er mehr tut, als um eigentlich unverdiente Gnade für seinen Mandanten zu betteln, ist so gut wie ein Beweis dafür, daß der Holo erstunken und erlogen ist.

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  23. Eigentlich braucht man jetzt nur noch eine Tüte Popcorn :D

    @Stefan Sasse: Hast du mal überlegt, die Kommentare einfach dicht zu machen? Oder hoffst du noch auf sinnvolle Beiträge? :P

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  24. Hey,du hast aber kein Gehirn hier,dummer Affe.Wie wäre es mit Bildung ,das ist nicht das was eure Obrigkeitem für euch bereit halten,und sowas will antiautoritär sein.Mach den Laden dicht,Judensklave.

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