Von Stefan Sasse
Flagge der CSA (Rebel flag) |
Flagge der USA (Stars and Stripes) |
dunkelrot: sieben Gründer, rot: vier Beitritte, gelb: border states; blau: Union; grau: unabhängige/neutrale Territorien |
Fort Sumter war eines der Bundesforts, die der Norden noch auf dem Gebiet der Konföderation besetzte, und Lincoln war entschlossen, es zu halten. Die Konföderierten griffen nicht an und vertrauten darauf, dass Sumter kapitulieren musste, wenn es keinen Nachschub erhielt. Genau diesen aber sandte Lincoln, und nachdem auch Drohungen des Südens ihn nicht zum Abbruch der Versorgung brachten, beschossen die Konföderierten auf direkten Befehl Davis' hin das Fort. Lincoln gab nun den direkten Befehl zum Einmarsch. Da die Staaten Tennessee, Arkansas, North Carolina und Virginia sich weigerten, diesem Befehl Folge zu leisten, schlossen sie sich nun ebenfalls der Konföderation an, eine Handlung, die sie zuvor noch abgelehnt hatten. Obwohl Maryland, Missouri und Kentucky, ebenfalls Sklavenhalterstaaten, teilweise Sezessionserklärungen abgaben, gelang es dem Norden diese so genannten border states unter seiner Kontrolle zu behalten. Kentucky erklärte sich gleichwohl für neutral und sandte keiner Seite Truppen.
Nach der Schlacht von Bull Run 1861 |
Was keiner der Beteiligten, auch die verantwortlichen Militärs nicht, in Betracht gezogen hatte waren die Veränderungen in der Kriegführung, die sich mittlerweile ergeben hatten. So waren die Armeen überwiegend mit dem Gewehr mit gezogenem Lauf ausgerüstet, das die effektive Reichweite eines Gewehrschützen von etwa 100 Metern auf 800 Meter erhöhte und zudem die Nachladezeit verkürzte und die Genauigkeit verbesserte. Im alten Stil ließen die Generäle ihre Truppen aber noch in Linien antreten und mit dem Bajonett stürmen - die Verluste waren mörderisch. Bei Bull Run brach deswegen unter den unerfahrenen Truppen schnell ebenso Panik aus wie unter den Zivilisten, und die Linien der Nordstaatenarmee brachen. Alles flutete in wilder Panik nach Washington zurück. Doch auf der Seite der Konföderierten sah es nicht viel besser aus: auch hier waren die Truppen völlign auseinandergebrochen und nicht mehr zu kontrollieren, und nur mit Mühe gelang es den Offizieren, sie wieder in Ordnung zu bringen. Doch beide Seiten zogen schnell ihre Lehren aus dem Krieg. Soldaten begannen den Wert von Deckung zu erkennen und zu nutzen, die Artillerie versuchte, Deckungsfeuer zu geben und die Aufstellungen wurden flexibler.
Seeschlacht zwischen CSA und USA vor Cherbourg, Frankreich |
Somit schien es für den Süden ausreichend zu sein, den Krieg nicht zu verlieren - der Norden dagegen musste ihn gewinnen. Für den Süden war es eine erfolgversprechende Strategie, einfach hinhaltend einen Abnutzungskrieg zu führen, bis die Kosten für den Norden zu hoch wurden. Das aber erforderte, trotz der genannten Vorteile, vor allem zumindest die formale Anerkennung der CSA durch Großbritannien und Frankreich, am besten gar ein Bündnis mit ihnen. Beide europäische Staaten waren zu diesem Zeitpunkt die Hauptimporteure der Baumwolle der Südstaaten ("King Cotton", König Baumwolle, wurde sie deswegen auch genannt). Besonders die englische Textilindustrie schien von diesen Importen deutlich abzuhängen. Hier aber hatten die USA den Vorteil, da es für sie reichte, beide neutral zu halten, während die CSA effektiv ein Bündnis erreichen mussten.
Robert E. Lee |
Die meisten Schlachten an der Ostfront des Krieges, die vor allem im Bereich Maryland, Virginia und Pennsylvania lag, wurden von den Konföderierten gewonnen, ohne dass aber jemals entscheidende Durchbrüche etwa in Richtung Washington erzielt werden konnten. Da die Schlachten allesamt verlustreich für beide Seiten waren, der Norden seine Verluste aber leichter ersetzen konnte, siegten sich die CSA so langsam zu Tode. Noch düsterer war die Lage im Westen, wo die USA auf riesigen Flächen von Mississippi bis Texas nur wenige Truppen gegen noch weniger Konföderierte einsetzten. Hier verloren die CSA die meisten Schlachten, so dass der Anaconda-Plan, obwohl schon lange nicht mehr offizielle Doktrin, doch noch Wirkung zu zeigen begann. Die Nachschubsituation der Konföderierten wurde durch die Seeblockade, das Abschneiden von den westlichen Versorgungsrouten und den wirtschaftlichen Niedergang an sich immer prekärer.
Nach der für die Konföderierten siegreichen Schlacht von Chancellorville, Virginia, zog Lee mit seiner Armee nach Pennsylvania. Er ging davon aus, dass er den Norden auf seinem eigenen Gebiet besiegen könnte (und zugleich Druck von Vicksburg, Mississippi, nehmen, das derzeit belagert wurde). Diese Zuversicht wurde dadurch weiter genährt, dass man inzwischen den Grund für die Niederlage bei Antietam kannte: die Befehle Lees waren am Vorabend der Schlacht abgefangen worden, so dass die USA ihn vor seiner eigentlichen Schlachtaufstellung hatten packen können. Es schien also möglich, den Krieg militärisch zu entscheiden. Geradezu heimlich führte Lee seine Armee durch Virginia und Maryland nach Pennsylvania hinein. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass im 19. Jahrhundert die Aufklärung immer noch auf Kavallerie basierte, die in etwa 50km Abstand zum Heer ritt und so die Umgebung im Auge behielt. Schaltete man diese Späher aus oder bewegte sich außerhalb dieses Radius' war es für den Feind fast unmöglich, selbst eine Armee von über 50.000 Mann zu finden, wo keine Telegraphie, Telefone, Funk, viele Züge oder gar Flugzeuge zur Verfügung standen.
Gettysburg-Feldzug. Rot die Bewegungen der CSA, blau der USA |
Es war deswegen reiner Zufall, dass Lees Nachhut sich wegen der schlechten Versorgungslage zu lange mit dem Plündern eines Nachschublagers der Nordstaaten in dem verschlafenen Dörfchen Gettysburg in Pennsylvania aufhielt. Die Vorhut der Unionsarmee stieß auf Lees Nachhut, beide Seiten zogen ihre Truppen zusammen - die Schlacht war nicht mehr zu vermeiden. Lees Schicksal entschied sich, als es in den drei Tagen der Schlacht nicht gelang, die Unionsarmee von den erhöhten Stellungen zu vertreiben, auf denen sie sich festgesetzt hatten. Nach furchtbaren Verlusten war Lee gewzungen, die Schlacht abzubrechen. Die Unionsarmee ihrerseits war allerdings nicht in der Lage, die Verfolgung aufzunehmen, so dass Lee das Gros seiner überlebenden Truppen nach Virginia zurückführen konnte.
Gettysburg war der finale Wendepunkt des Krieges. Von hier aus konnte der Süden nie wieder eine große Offensive starten. Noch 1863 fiel Vicksburg, so dass der Mississippi komplett in der Hand der USA und die CSA damit gespalten waren. Weitere Unionssiege in Virginia schnitten die Nachschubrouten der CSA immer mehr ab, die Seeblockade wurde immer enger und fast undurchdringlich. Der Unionsgeneral Sherman, Oberfehlshaber der Westarmee, entwarf seinen ganz eigenen Anakonda-Plan. Sein Heer kroch von Westen her in Richtung Georgia vor und zerstörte dabei auf einer Breite von etwa 50km alles, was ihnen in den Weg kam - Farmen, Dörfer, Nachschublager, es machte keinen Unterschied. Shermans Feldzug ist die wohl erste Anwendung des Prinzips der "verbrannten Erde". Der Effekt für die Moral von konföderierten Soldaten, die in die verwüsteten Gebiete kamen, was fürchterlich (und sorgte dafür, dass bis heute eine gewisse Bitterkeit gegenüber dem Vorgehen des Nordens herrscht). Außerdem wurde der Nachschub des Südens noch weiter erschwert.
Tote Konföderierte 1864 |
Zur Lösung fielen beide Seiten schnell auf die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht zurück, ein Novum in der amerikanischen Geschichte. Ausnahmen gab es nur wenige, und viele Familien besonders auf dem Land sahen sich ohne den Haupternährer bald von der wirtschaftlichen Katastrophe bedroht. Während im Süden die Moral immer mehr litt und die Wirtschaft allgemein niedering, prosperierte die Nordstaatenindustrie prächtig. Da im Gegensatz zur Gesellschaft der Südstaaten mit ihrer West-Point-Tradition und aristokratischem Selbstverständnis in den USA eher der Geist des Kommerz' vorherrschte wundert es nicht, dass die allgemeine Wehrpflicht Ausnahmen kannte - wer einen Ersatzmann stellen konnte (den natürlich nur Reiche anwerben konnten) war freigestellt, später ebenfalls, wer 300$ bezahlte. Zu diesem Zeitpunkt war das ein kleines Vermögen, und die Ungleichbehandlung führte zu sozialen Krisen, am augenscheinlichsten in den draft riots (Einberufungsaufständen) in New York, die bildgewaltig in Martin Scorceses Epos "Gangs of New York" verarbeitet werden. Die Krise von 1864 mit ihren sozialen Aufständen und dem blutigen Steckenbleiben des Krieges in Virginia gefährdete Lincolns Wiederwahl; Shermans Einnahme Atlantas allerdings wehrte die politische Gefahr für ihn ab. Durch die Niederlage seines Gegners McClellan, der sich für Frieden aussprach, hatte er auch noch Teile der Democrats auf seiner Seite; England und Frankreich hatten sich für deie USA erklärt, und die Loyalität der border states war endgültig gesichert.
Appomattox Court House, 1865 - Kapitulationsstätte Lees |
Damit war der Grundlage der Gesellschaft der Südstaaten der Boden entzogen. Der Krieg beendete effektiv die Vorherrschaft der Pflanzer-Aristokratie. Mit der Kapitulation fielen ganze Heerscharen nördlicher "carpet beggars" in den Süden ein, windige Geschäftemacher, die unter dubiosen und oftmals kriminellen Methoden zu schnellem Reichtum kamen, indem sie die Gesetze der Besatzungszeit ausnutzten, die der Kapitulation folgte. Die Einheit der USA war zumindest in politischer Hinsicht gesichert; der Weg ging nun in Richtung Expansion nach Westen und Aufbau einer eigene Industrie unter Schutz von Importzölle.
Charleston, South Carolina, 1865 |
Diese Verfassungszusätze waren allerdings das Papier kaum wert, auf dem sie geschrieben waren. Die Lage der Schwarzen war nach dem Krieg eher schlimmer als zuvor in der Sklaverei, da die Plantagen bankrott waren und es keine Arbeit gab. Schnell wurden zahlreiche Gesetze initiiert, die Schwarze systematisch benachteiligten ("Jim Crow Laws") und die Segregation von Weißen und Schwarzen einführten. Diese Maßnahmen wurden unter der Formel "seperate but equal" (gleich, aber getrennt) 1896 vom Surpreme Court in Plessy vs. Ferguson in einem wohl singulären moralischen Tiefstand dieser Institution für rechtmäßig erklärt (ein Urteil, das erst 1954 wieder aufgehoben wurde). Die Entwicklungen der Kriegführung, die sich im amerikanischen Bürgerkrieg angebahnt hatten, wurden rasch wieder vergessen, selbst von den Amerikanern selbst; erst der Erste Weltkrieg sollte sie alle den gleichen Lernprozess noch einmal blutig durchlaufen lassen. Deutsche Kriegsbeobachter verkündeten im Übrigen, dass aus dem Krieg nichts für Europa zu lernen sei. Es handle sich schließlich um "wenig mehr als das Aufeinandertreffen bewaffneter Banden".
Weiterführende Literatur:
Bernd Engler - Key conceopts in American Cultural History
Chandra Manning - When this cruel war was over
DVD Gangs of New York
DVD Gettysburg
DVD Gods and Generals
DVD Glory
DVD Unterwegs nach Cold Mountain
Bildnachweise:
CSA Flagge -Wikimedia (gemeinfrei)
US Flagge - Wikimedia (gemeinfrei)
Karte - Julio Reis (CC-BY-SA 3.0)
Bull Run - unbekannt (gemeinfrei)
Cherbourg - US Navy (gemeinfrei)
Lee - Julian Vannerson (gemeinfrei)
Gettysburg - Hal Jespersen (CC-BY-SA 3.0)
Tote - unbekannt (gemeinfrei)
Appottamox - Timothy O'Sullivan (gemeinfrei)
Charleston - unbekannt (gemeinfrei)
DVD Gettysburg
DVD Gods and Generals
DVD Glory
DVD Unterwegs nach Cold Mountain
Bildnachweise:
CSA Flagge -Wikimedia (gemeinfrei)
US Flagge - Wikimedia (gemeinfrei)
Karte - Julio Reis (CC-BY-SA 3.0)
Bull Run - unbekannt (gemeinfrei)
Cherbourg - US Navy (gemeinfrei)
Lee - Julian Vannerson (gemeinfrei)
Gettysburg - Hal Jespersen (CC-BY-SA 3.0)
Tote - unbekannt (gemeinfrei)
Appottamox - Timothy O'Sullivan (gemeinfrei)
Charleston - unbekannt (gemeinfrei)
Die noerdlichen Teppichbettler waren eigentlich Teppichtaschentraeger:
AntwortenLöschenhttp://en.wikipedia.org/wiki/Carpetbagger
Heute reicht ne Aktentasche, um sich der Unsympathie verdaechtig zu machen...
Toller Artikel. Ein kleiner Fehler ist mir bei der Literaturempfehlung aufgefallen: Der Autor vom "Für die Freiheit sterben" heißt McPherson.
AntwortenLöschenDas Buch ist aber trotzdem genial. Habe die englische Ausgabe ("Battle Cry of Freedom") gelesen: Es hat den Pulitzerpreis zu Recht erhalten.
Und korrigiert. Danke für den Hinweis!
AntwortenLöschenwirklich gute Zusammenfassung; die Entstehung der Schlacht von Gettysburg durch Plünderung eines Nachschublager ist zwar AFAIK eine über 200 Jahre alte urban legend, und IMHO ist es relevant, klarzustellen wie sehr Sherman und Grant die Entwickler der Logik des totalen (industriellen) Kriegs waren, aber trotzdem, Hut ab
AntwortenLöschenGD, seminanonymer Amerikanist
Eine gute Zummenfassung aber es hatte kein gutes ende.
LöschenNun, es ist auf jeden Fall eine nette Geschichte :) Und darum geht es ja nicht ;)
AntwortenLöschenDas ist keine gute Geschichte
LöschenSehr geehrter Herr Sasse,
AntwortenLöschenich liebe Ihren Blog. Er ist einfach wundervoll und ich lese sehr gerne darin. Auch diesen Artikel, der einem wieder einmal Punkte ins Bewusstsein bringt, die uns hierzulande meist nicht bekannt sind.
In dem Artikel ist mir aber aufgefallen, dass der Beschuss von fort Sumter am 12. April und nicht am 12. März begann, wie im letzten Satz des Absatzes unter der Karte behauptet wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Robert B.
Vielen Dank, korrigiert.
LöschenDer Artikel ist echt super! :)
AntwortenLöschenNein es es nicht gut weil es tote kapp .
LöschenHerr Anonym
Ich fande es gut
AntwortenLöschenHallo Herr Sasse,
AntwortenLöschenzuerst einmal: sehr guter Artikel!
Ich hätte da aber noch eine Frage zu der Zivilisten-Thematik am Bull Run. Welche Literatur im Detail berichtet davon und auf welchen Quellen basiert diese Aussage?
(Hoffentlich liest noch jemand die Kommentare).
Lg.
Klar les ich die ;) Kann leider nicht genau sagen wo ich das gelesen habe, aber ich bin ziemlich sicher da in mehreren Quellen drüber gestolpert zu sein.
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