Montag, 28. Februar 2011

Der Vietnamkrieg, Teil 1/2

Von Stefan Sasse

Indochina 1992
Von 1946 bis 1975 tobte in Indochina ein Krieg, der das bis dato weltpolitisch unbedeutende Flecken Erde in den Hauptkriegsschauplatz der heißen Kriege im Ost-West-Konflikt verwandeln und zwei Supermächte schwer disavouiren sollte. Das kleine Land Vietnam, das um 1945 kaum 30 Millionen Einwohner hatte und über keine natürlichen Bodenschätze verfügte, definierte in seinem Abwehrkampf gegen die Franzosen und Amerikaner den Guerilla-Kampf in einer Weise, wie es vorher nur die Spanier in ihren Abwehrkämpfen gegen Napoleon hatten tun können. Für die USA wurde Vietnam das nationale Trauma des 20. Jahrhunderts, gegen das sie wie einen ständig dräuenden Schatten noch heute ankämpfen. Vietnam selbst ist heute noch ein tief getroffenes Land, das die Verluste und Zerstörungen dieser Kriegsepoche nie ganz hat überwinden können. Das Bild des Vietnam-Krieges ist im Westen stark von Hollywood geprägt worden, wo die Aufarbeitung des Traumas die am deutlichsten wahrnehmbaren Spuren hinterließ. Doch ein detailliertes Wissen darum, was genau in Vietnam eigentlich geschehen ist und wie ein kleines Volk von Reisbauern zwei der größten Supermächte ihrer Zeit schlagen konnten ist kaum vorhanden. Ein Versuch das zu ändern soll hier unternommen werden. 

Freitag, 25. Februar 2011

Fundstücke XX

Von Stefan Sasse

In dem Musikvideo zu "Dancing with tears in my eyes" von Ultravox aus dem Jahr 1984 hat man mal wieder ein schönes Anschaungsmaterial für die Stimmung der 1980er Jahre, der Furcht vor dem technischen nuklearen Unfall - die Grünen repräsentieren sicher keine auf Deutschland allein begrenzte Bewegung. Interessant auch, wie im Gegensatz zu den 1950er Jahren inzwischen die Nutrzlosigkeit einer Flucht vor der nuklearen Explosion im Gedächtnis haftet. Ob es eine Verschwörungstheorie gibt, nach der Ultravox Chernobyl vorhergesehen hat? - Die Musik scheint völlig unpassend zu den Bildern zu sein, aber es mag sein, dass das den Sensibilitäten des 21. Jahrunderts geschuldet ist. 

Dienstag, 22. Februar 2011

Erinnerung und Geschichtsbewusstsein der Deutschen

Von Stefan Sasse

Holocaust-Mahnmal, Berlin 2006
Das deutsche Verhältnis zur eigenen Vergangenheit war seit Gründung des deutschen Nationalstaats 1871 einigen Änderungen unterworfen. Von nationaltrunkenem Chauvinismus, wo man tausendjährige Entwicklungslinien endlich zum glücklich-glorreichen Abschluss gebracht sah, zur These des großen Verrats durch die Linke nach dem verlorenen Weltkrieg hin zum kompletten Verwerfen der eigenen Vergangenheit als Fehlentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg befindet sich das historische Erinnern der Deutschen in einem erneuten Umbruch. Das natürliche Aussterben von Zeitzeugen aus der Epoche des Nationalsozialismus und das  Erinnern an die Zeit davor ermöglichen es mehr und mehr, den Blick auf die deutsche Vergangenheit zu entkrampfen. Die Wiedervereinigung hat ihr Übriges dazu getan, die Bewältigung der eigenen Vergangenheit in Frage zu stellen, und die anhaltenden Debatten über die Erinnerung an die Vertriebenen oder die jahrelangen Streits um das Holocaust-Denkmal bestimmen die aktuelle Debatte. Dieser Entwicklung soll im Folgenden nachgespürt werden, ehe eine finale Analyse gewagt wird.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Fundstücke XIX

Von Stefan Sasse

Das TIME-Magazine hat einen wahren Schatz zusammengestellt: die hundert beliebtesten Spielzeuge seit 1920 (lies: die hundert beliebtesten Spielzeuge in Amerika seit 1920). Es ist überraschend, wie viel von dem Zeug man kennt (wahrscheinlich, weil es nach 1945 mit der Welle der Amerikanisierung herüberkam) und gleichzeitig auch, wie manche Erfindungen von außen - wie Lego - ihren Weg in die USA und diese Liste schafften. Es lohnt sich unbedingt auch, die jeweiligen Entstehungsgeschichten zu lesen, denn sie erzählen einem mehr über die USA, als man in vielen Seiten gelehrter Bücher findet. Beispiel gefällig?  
During World War II, chemists concerned about America's threatened rubber supply began researching synthetic substitutes and stumbled upon one of the greatest materials in toy history. A "solid liquid," the new, stretchable material was a marvel of science — and of absolutely no use to the American war effort. Dubbed "Nutty Putty," the new substance was marketed as a novelty toy by entrepreneur Peter Hodgson, who sold it packaged inside colorful plastic eggs, just in time for Easter. When a write-up appeared in the New Yorker, Hodgson received more than 250,000 orders in three days. Scientists and toymakers have been refining everyone's favorite nonrubber ever since. The year 1991 saw the introduction of glow-in-the-dark Silly Putty, while NASA learned the substance could be used to restrain objects in zero gravity, taking it aboard Apollo 8 to hold down tools.
Und da fragt sich noch jemand ernsthaft, warum die den Kalten Krieg gewonnen haben? In der Sowjetunion hätte es ein eigenes Forschungsteam gebraucht um diese Halterungen zu entwickeln, die NASA nimmt ein Spielzeug, das aus einem fehlgeschlagenen Experiment aus dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Großartig.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Der Vertrag von Versailles


Von Stefan Sasse

Vertragsunterzeichnung im Spiegelsaal von Versailles
Am 28. Juni 1919 unterzeichnete die Delegation der ersten republikanischen deutschen Regierung, geführt von Matthias Erzberger, den Friedensvertrag von Versailles, der den Ersten Weltkrieg mit Deutschland offiziell beendete.Weitere Pariser Vorortverträge beendeten den Krieg bis zum 10. Juli auch mit Deutsch-Österreich, Bulgarien und dem Osmanischen Reich. Für kein Land aber wurde der Friedensvertrag so symbolgeladen und bedeutsam wie für das Deutsche Reich, dessen demokratische Regierung den Makel der Vertragsunterzeichnung zeit ihrer Existenz mit sich herumschleppte wie einen Mühlstein. Was aber waren die genauen Bestimmungen des Vertrags? Wie wirkten sie sich aus, und waren die Auswirkungen vorhersehbar? Und, nicht unbedeutend: was hätte besser oder doch zumindest anders gemacht werden können? Diesen Fragen soll der folgende Artikel nachgehen. 

Dienstag, 8. Februar 2011

Fundstücke XVIII

Von Stefan Sasse

Die New York Times hat einen ausführlichen Artikel zum Thema Sklaverei und Bürgerkrieg. Darin wird ausführlich dargelegt, warum der Sieg des Nordens so essentiell zur Beendigung des Sklavenhandels auch in anderen großen Sklavenhalterstaaten jener Zeit war, obwohl die Sklaven in den USA selbst nur 4% der Gesamtsklaven in Amerika ausmachten. Sehr interessante Fakten, die den Krieg noch einmal in einem etwas anderen Licht erscheinen lassen.

Sonntag, 6. Februar 2011

Die DDR - ein Staat auf Abruf

Von Stefan Sasse

Staatsflagge der DDR ab 1955
Die DDR ist seit 20 Jahren passé, das ist die Hälfte der Zeit, die sie überhaupt existiert hat. Im öffentlichen Bewusstsein dagegen ist sie noch hochaktuell - hauptsächlich als eine Negativfolie im deutschen Geschichtsbewusstsein. Das Thema ist auch hochsensibel; mit DDR-Vergleichen kann man sich im medialen Diskurs ebenso schnell in die Nesseln setzen wie mit NS-Vergleichen, das haben die Landtagskandidaten der LINKEn in Nordrhein-Westfalen zuletzt im Wahlkampf 2010 bemerken dürfen. Obwohl die DDR noch immer so präsent im öffentlichen Bewusstsein verankert ist, ist tatsächliches Wissen über sie, über ihr System und über die Gründe, an denen sie scheiterte, zugunsten einer stark vom eigenen Positiv-Narrativ geprägten Folie kaum verbreitet. Diesem Problem soll hier ein wenig Abhilfe geschaffen werden. 

Freitag, 4. Februar 2011

Fundstück XVII

Von Stefan Sasse

Für historisch interessierte Menschen ist es immer wieder praktisch, wenn man ein Portal zur Verfügung stehen hat, auf dem man Rezensionen einschlägiger Fachliteratur finden kann, so dass man schnell erfährt, was zu lesen sich lohnt und was nicht. Neben dem bekannten Portal HSoz-Kult hat nun ein weiteres Portal geöffnet: recensio.net. Dieses Portal möchte in drei Sprachen (englisch, deutsch, französisch) Zugang zu historischer Fachliteratur bieten und "lebendige Rezensionen" durch eine Kommentarfunktion ermöglichen. Es steht zu hoffen, dass das Projekt erfolgreich sein wird!

Mittwoch, 2. Februar 2011

Der Erste Weltkrieg

Von Stefan Sasse

Kriegsbegeisterte dt. Soldaten auf dem Weg zur Front, 1914
Im August 1914 endete die Welt, wie die Zeitgenossen sie kannten. Eine Ära der engen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtung der Nationalstaaten untereinander, von Wirtschaftshistorikern oftmals als "erste Globalisierung" bezeichnet, wurde mit einem Schlag zunichte gemacht. Der Konflikt beendete auch das "lange 19. Jahrhundert" und läutete das kurze, blutige 20. Jahrhundert ein. Vier Jahre lang wurde Europa zu einem Zentrum des Tötens und Mordens, wie es die Welt bis dato noch nicht gesehen hatte. Millionen Mann in schnell mobilisierten Armeen nutzten das gesamte ihrer Zeit zur Verfügung stehende technische Potential, um sich gegenseitig zu tausenden zu töten. Während in den verschlammten Schützengräben der Westfront eine ganze, "verlorene" Generation den Krieg an die Stelle setzte, an der frühere Generationen Beruf und Kultur gesetzt hatten und der Krieg eine statische, technische und entmenschlichte Komponente erhielt, die für sein Bild noch heute prägend ist, stießen die deutschen Soldaten im Osten in einen scheinbar endlosen, menschenverlassenen Raum vor und sahen um sich herum zwei jahrhundertealte Großreiche in Stücke brechen. Kämpfer beider Bündnisse erlebten im Südosten Europas den Zusammenbruch des uralten Osmanischen Reichs und die schmerzhafte Geburt neuer, sich sofort bekämpfender Nationalstaaten. Fast jedes Land der Welt war in diesen Konflikt involviert, den die europäischen Kolonialmächte ausfochten - hatten sie doch die Welt in den Jahrzehnten zuvor unter sich aufgeteilt und zogen sie nun in ihren eigenen, blutigen Untergang hinein. 

Im Folgenden soll dieser Krieg aus mehreren Blickpunkten heraus beschrieben werden: der für die Erinnerung der westlichen Welt wie der Deutschen konstituierende Krieg an der Westfront mit seinen Schützengräben und Artilleriebombardements, der Krieg an der Ostfront, wo das zaristische Regime seinen eigenen Untergang aggregierte, die Süd- und Südostfront, wo die europäischen Peripherie den Krieg für ihre eigenen Konflikte nutzte, den Kolonialkrieg in der Welt und die Nachwirkungen des Krieges. Besonderes Augenmerk soll dabei auf der Bedeutung dieser Ereignisse für den Verlauf des 20. Jahrhunderts gelegt werden.