Donnerstag, 6. Oktober 2011

Zum Elend des deutschen Geschichtsfernsehens

Von Stefan Sasse

Man muss vermutlich dankbar dafür sein, dass die Welle der deutschen Fernsehfilme zu irgendwelchen zeitgeschichtlichen Themen inzwischen vorbei ist. Losgetreten wurde sie von "Der Untergang", dicht gefolgt von Filmen wie "Die Flucht", "Die Gustloff" und "Die Luftbrücke". Es gibt noch weitere Melodrame etwa über die Hamburger Flut, aber die vier erwähnten scheinen mir die aussagekräftigsten für das Problem zu sein, das hier besteht. Man muss es sagen wie es ist: die Machart der Filme ist stets professionell, spannend und mitreißend, die Botschaft dagegen ist revisionistische Kacke. Man verzeihe mir die harte Wortwahl, aber man kann es kaum netter sagen. Was hier präsentiert wird, erinnert in seiner süß-harmlosen Dramatik frappant an die Unterhaltungsbranche der Nazi-Zeit und in der politischen Botschaft an die Hochphase des Kalten Krieges in den 1950er Jahren und das stete konservative Amalgam der Relativierung des Dritten Reiches. Sehen wir uns die Filme kurz an. 

"Der Untergang" aus dem Jahre 2004 ist noch das beste Beispiel dieser Filme. Mit großer Authenzität bringt er die letzten Tage des Dritten Reiches auf den Bildschirm. Allein, was sich zwischen den zahlreichen historisch verbürgten Details abspielt erstaunt bisweilen. Im Zentrum des Films soll die Figur der Traudl Junge stehen, Hitlers Sekretärin, die herzzerreißend besetzt ist und stets mit unschuldigen braunen Augen in die Kamera blickt. Dummerweise ist sie nicht die Hauptfigur; sie bleibt bis zum Ende ein naives Dingchen, das die Geschehnisse um sie herum lediglich wahrnimmt, ohne sie zu reflektieren und wohl auf diese Art und Weise die Zuschauerreaktion vorwegnimmt. Der eigentliche Fixpunkt des Films ist Hitler. Genau das war die überwältigende Kritik bereits vor der Veröffentlichung. Zweifellos, Bruno Ganz spielt die Rolle überragend. Seine Darstellung Hitlers ist praktisch makellos. Das Problem ist vielmehr das Drehbuch Bernd Eichingers. 

Der nämlich lässt Hitler als einen halbirren Wüterich erscheinen, gesteht ihm einige wenige - zu Unrecht viel kritisierte - kurzen menschlichen Erscheinungsmomente zu und begnügt sich damit, eine Ansammlung aus Fakten, bekannt aus Fests Hitler-Biographie, in der korrekten Abfolge aneinanderzureihen. Die Figuren des Films bleiben deswegen, trotz aller schauspielerischen Leistungen, reine Staffage, leere Schablonen in ihren Rollen. Das Vakuum, das Eichingers Drehbuch schafft, wird nie gefüllt. Stattdessen muss der Zuschauer das selbst tun, aber es bleibt ihm hierfür als Referenzrahmen lediglich das dürre, mit opulenter Darstellung übertünchte Gerüst Eichingers. Die Interpretation, die sich so aufdrängt, kann nur lauten: eine Riege halb wahnsinniger Nationalsozialisten, die gewissermaßen aus dem Nichts kamen, nahm das ganze Reich in Geißelhaft. Wer sich wacker dagegen auflehnte, wie die Figur des Kriegskrüppels, endet mit dem Tod. Der Tod Hitlers ist zugleich eine Befreiung der Deutschen. Die einfallenden Russen indessen sind eine moderne Version von Dschingis Khans Horde, gesichtslos, meist betrunken und nur aus der Ferne unterschiedslos auf Zivilisten und Soldaten schießend. 

Am auffallendsten aber ist die Darstellung der Militärs außerhalb des Bunkers. Sie repräsentieren die längst als Mythos entlarvte "gute Wehrmacht", kämpfen nur zum Schutz der Zivilisten und nutzen die Spielräume der Führerbefehle um Menschenleben zu retten. Besonders der SS-Arzt Schenk fällt hier auf, dem es lediglich um Zivilisten geht und der dafür mal eben dem feist-korrupten Wehrmachtsgeneral die Gefolgschaft verweigert. Es entsteht ein kollektives Reinwaschen der Deutschen: auf der einen Seite wenige Nazis, auf der anderen Seite die irgendwie unschuldig hineingerutschten Deutschen. An keiner Stelle wird der Nationalsozialismus reflektiert, lediglich in pointierten Szenen von Fanatikern vertreten, die alle anderen, vernünftigen Charaktere abstoßen. Einen Erklärungsansatz bietet der Film so nicht, stattdessen mäandert er zwischen dem kollektiven "Rollenspiel, mit dessen Hilfe sich die Deutschen mit ihren Großvätern versöhnen können" (Peter Kümmel) und letztlich zusammenhanglosen Kammerspielen hin und her. Gerade die in diesem Folm kolportierte Sicht aber, dass die Deutschen letztlich alle aus nie geklärten Gründen Opfer der Nazis und von diesen beherrscht, verhext und unterdrückt wurden, geht an den historischen Tatsachen und der Notwendigkeit einer ernsthaften Aufarbeitung entschieden vorbei. 

Noch wesentlich schlimmer aber ist der 2007 erschienene Fernsehfilm "Die Flucht". Der Plot dreht sich hierbei um eine junge ostelbische Gräfin, die vor den anrückenden sowjetischen Truppen die Flucht des Gesindes, der Verwandten und der umliegenden Menschen nach Westen organisiert. Dieser Film stellt den unrühmlichen Höhepunkt des revisionistischen Mists dar, der in diesen Filmen verarbeitet wird. Einerseits wird ein ostelbisches konservatives Idyll konstruiert, mit der Gräfin, die herzlich und mitfühlend ihr Land regiert und einem Gesinde, das sich in seine gottgegebene Stellung fügt. Bereits dieses Gesellschaftsbild ist sehr trügerisch und gefährlich und weist in der heroischen Darstellung des Adels keinerlei Kritik an der Rolle eben dieses Adels im Dritten Reich auf. Das echte Problem des Films aber ist nicht diese Überzeichnung einer heilen Welt in Ostelbien, auch wenn das schon ärgerlich genug wäre.

Das Problem besteht vielmehr in der Darstellung des Feindes. Der Spiegel vergleicht sie völlig zu Recht mit alten Western: die Sowjets spielen hier die Rolle der grausamen Indianer, die den wehrlosen Siedlertreck überfallen. Sie sind eine Kraft des Bösen, urtümlich und mit der unbeherrschbaren, unpersönlichen Gewalt einer Naturkatastrophe über das Land hereinbrechend. Die maximale Kritik, zu der diese Fernsehfilme in der Lage sind, ist die Schuld an diesem Ausbruch den Deutschen selbst zu geben, die schließlich die Aggressoren waren. Daran, dass eine bösartige, wilde und unziviliserte "rote Flut" gewissermaßen nur auf den Ausbruch gewartet habe und sich nun kollektiv und gesichtslos gegen die armen Deutschen stemmt, lassen die Darstellungen aber nie einen Zweifel. Ob "die Russen" nun mordbrennend und vergewaltigend ein friedliches Dorf überfallen oder nur als ominöse, unsichtbare Bedrohung im Hintergrund sind - sie werden konsequent entmenschlicht, auf die Spitze getrieben in dem Dialog, der diese Entmenschlichung auch noch als Fakt postuliert. Hitlers größte Schuld scheint  nunmehr einzig darin zu bestehen, diese Flut ausgelöst zu haben.

Quasi der Zwilling der "Flucht" ist die Inszenierung des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" aus dem gleichen Jahr. In "Die Gustloff" sehen wir erneut ostpreußische Flüchtlinge sich wacker der aus Osten heranrollenden roten Flut entziehen, erneut das Widerspiel von wenigen fanatischen Nazis und der großen Masse anständiger, irgendwie unfallartig ins Geschehen involvierter Deutscher. Die Grundgeschichte ist relativ simpel: massenhaft Flüchtlinge, einige Marinesoldaten und einige Nazis quetschen sich zusammen auf die Gustloff, um der russischen Horde zu entkommen. Unterwegs begeht man taktische Fehler und schließlich wird die "Gustloff" dank des Funkspruchs eines Verräters von einem sowjetischen U-Boot aufgefunden und versenkt; rund 90% der Passagiere sterben in der größten Seekatastrophe aller Zeiten. Der Versuch des Regisseurs, ein gewaltiges Drama zu entwickeln, missfiel sogar der sonst den Produktionen reichlich zugeneigten FAZ.

Die Probleme sind die gleichen wie bei "Die Flucht". Über der Ostsee verschwimmen alle Grenzen, die Figuren sind Schablonen. Die historische Darstellung ist ein Flickwerk aus Fakten, aus im Gegensatz zum "Untergang" glatt erfundenen Szenen und geschickten Auslassungen, die der Zuschauer mit durch die gezeigten Szenen hervorgerufenen Assoziationen füllen muss. Wieder drängt sich der Eindruck auf, die Deutschen seien Opfer einer in letzter Konsequenz unverschuldeten Katastrophe oder würden sich durch ihr Verhalten im Kulminationspunkt der Krise zumindest reinwaschen. Die Bildsprache, die der Entmenschlichung der Sowjets weiter Vorschub leistet und sie geradezu als unmenschliche Teufel stilisiert, tut ihr Übriges. Richtig ärgerlich ist aber die Hinzufügung des Verräters, der angeblich einen Funkspruch absendet (und am Schluss darüber aus obskuren Gründen Selbstmord begeht). Angeblich wurde er in sowjetischer Kriegsgefangenenschaft gehirngewaschen, vielleicht war er auch schon immer Kommunist und damit Volksfeind, so genau weiß man es nicht. Man will es auch nicht wissen, denn zu deutlich dient die Rolle lediglich dem Erzeugen der gewünschten Bilder und Assoziationen. Der Verräter ringt mit seinen zwei Seiten, dem deutschen Menschen und dem sowjetischen Unmenschen, und am Ende bleibt das Ergebnis eine Entscheidung für die deutsche Menschlichkeit, der man in bester Samuraimanier nur durch Rettung der eigenen Ehre im Freitod nachkommen kann.

Eine etwas feinere Austarierung des Feindbildes und einen Beitrag zum neuen Gründungsmythos der BRD bietet "Die Luftbrücke". Sie fällt aus den drei anderen Filmen heraus, weil sie sich nicht mehr hauptsächlich der Relativierung der Nazizeit widmet. Vielmehr kümmert sie sich um die Erschaffung einer bundesrepublikanischen Gründerlegende. Die geht ungefähr so: unter tatkräftiger Mithilfe heroischer Amerikaner entdecken die Westdeutschen ihre Kraft zur Hilfe zur Selbsthilfe und ihre von der Diktatur verdeckten freiheitlichen Züge. Sie kämpfen gemeinsam mit den Westalliierten für die Freiheit und gegen den Ostblock, in dem eine neue Diktatur des Bösen entsteht und die unschuldigen Deutschen, ebenfalls freiheitsliebend, verschlingt. Die Geschichte des Films folgt dem Schicksal des amerikanischen Generals Tuner, dem man eine Liebesgeschichte mit einer Deutschen andichtet, um ihn Casablanca-tauglich dem deutschen Publikum als Helden akzeptabel zu machen. Dieser erfindet die Luftbrücke und verteidigt sie zusammen mit seinen Kameraden gegen die Eingriffe der finsteren Sowjetmacht.

Die historischen Fehler, die dem Werk zugrundeliegen, dienen fast sämtlich der Dramatisierung und sind im Großen und Ganzen ebenso verzeihlich wie vernachlässigbar. Das Problem dieses Films ist vielmehr die unreflektierte Schaffung eines Gegensatzes von Freiheit vs. Unterdrückung, die hier erneut durch die systematische Entmenschlichung und Kollektivierung der Sowjetmacht entsteht, die sich der humanitären Intervention entgegenstellt und versucht, Millionen Zivilisten Kälte und Hunger preiszugeben, während dem auf der westlich-freiheitlichen Seite nichts anderes als purer Opfermut und edle Selbstaufgabe entgegensteht. Dass, unhistorisch, sogar sowjetische Angriffe auf die Luftbrücke inszeniert werden passt da nur ins Bild. Millionen Deutsche haben quasi die Jahre der Nazi-Diktatur erduldet, in sehnlicher Erwartung der Freiheit, die sie nun mit ihren amerikanischen Befreiern endlich Hand in Hand verwirklichen können. Das Bedürfnis der Brüder im Osten dagegen bleibt unerfüllt. Der Begriff der Freiheit aber wird nie positiv gefüllt. Letztlich ist er diffus, wirkt mehr wie die Erfüllung materieller Bedürfnisse als irgendwelcher Ideale.

Bei allen vier Filmen interessant und seltsam deckungsgleich ist die Rolle der Frau. Sie sticht hervor, wirkt anachronistisch. Fast sonders sind die Frauen emanzipierte Wesen, willensstark und durchsetzungsfähig, aber trotzdem mit einer konservativen Schlagseite. Glaubwürdige Charaktere der Epoche sind sie nicht. Ihre Funktion in der Geschichte ist jedes Mal, den emotionalen Identifikationspunkt des Zuschauers zu bieten, den Anker zu bilden, an dem das Melodram hängt und seinen kitschigen Verlauf nimmt, um zwischen all den Faktenfacetten einen roten Erzählungsfaden zu spannen. Sie reflektieren eher das modern-konserative Frauenbild der Filmemacher, ihre Idealvorstellung eines frauentypischen Rollenmodells, als ein Abbild der jeweiligen Epoche (was im Übrigen für die dieses Frauenbild akzeptierenden Männerrollen ebenfalls gilt). Hier vermicht sich am deutlichsten und gleichzeitig verstecktesten, weil scheinbar harmlosesten, die Absicht der Revision, der Transportierung einer Botschaft, unter dem kitschigen Melodram eines reinen historischen Unterhaltungsfilms, der sich gerne als moderne Neuinterpretation von "Sissi" und Konsorten geriert.

Gefährlich für das geschichtliche Bewusstsein der Deutschen sind diese Filme alle. Sie relativieren die Nazizeit in einer Weise, die eine reflektierte und sinnvolle Beschäftigung mit ihr praktisch unmöglich macht, schaffen einen in grellen Schwarz- und Weißtönen gehaltenen Gründungsmythos der BRD und entledigen sich quasi auf dem kalten Wege jeder Mitschulddiskussion der Deutschen. Gerne präsentieren sich die Filmemacher, allen voran Bernd Eichinger, dabei als mutige Tabubrecher gegen die "Kollektivschuldthese", die so ohnehin nicht existiert. Sie schieben eine nicht existente Phantomdebatte vor, um ihre eigenen geschichtswissenschaftliche Agenda durchzudrücken, und sie sind außerordentlich erfolgreich damit. Es wird Zeit, dass man sich ihnen in den Weg stellt.


Links:
Spiegel-Kritiken zu "Die Flucht" und "Der Untergang"
FAZ-Kritik zu "Die Gustloff", Konkret-Kritik zu "Die Gustloff"

Amazon-Kauf-Links:
Der Untergang
Die Flucht
Die Gustloff
Die Luftbrücke

28 Kommentare:

  1. Dank der geschichtlichen Gleichmacherei, die es heute erlaubt, deutsches Leid in den schönsten Farben zu malen, werden diese Gleichungen bald in ganz Europa verbreitet sein und auch die letzten Reste jenes Geschichtsbildes aus dem Weg räumen, in dem die Deutschen Täter waren, die natürlich auch gelitten haben, in diesem Leid jedoch nicht bedauernswerter waren als jemand, der eine Prügelei anfängt und sich anschließend darüber beschwert, wie schmerzhaft es war, zu verlieren und sich den gebrochen Kiefer richten zu lassen.

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  2. Was Du zum Untergang beschreibst, ist letztlich, was Amery in "Hitler als Vorläufer" schrieb. Hitler steht nicht außerhalb deutscher und europäischer Geschichte - und das Verschwinden seines Regimes ist damit auch nicht das Ende der Barbarei, die exklusiv dieser Zeit zugeschrieben wird.

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  3. Vor allem, was 'Die Flucht' angeht, kann ich nur zustimmen. Ich habe mir den Schmonzes damals angesehen und konnte nicht abschalten. Allerdings nicht, weil der Film so klasse war, sondern weil ich einfach nicht glauben wollte, dass so viel nackten Revisionismus und Geschichtsklitterei im deutschen Fernsehen möglich ist. Und wenn man als gelernter Historiker dann anfängt vorsichtig zu argumentieren, kommt mit großer Sicherheit, man solle das alles nicht so verbissen sehen, das sei doch nur Unterhaltung und blablabla. Klar 'Jud Süß' und 'Kolberg' waren auch nur Unterhaltung...

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  4. Wie so viele konnte ich bei "Die Flucht" auch nicht glauben, was ich sehe. Tags drauf hörte ich im DLF das Interview mit Heinrich Schwendemann, was mich wieder etwas mit der Welt versöhnte. Was lohnt es noch über den Auftrag des öffentlich rechtlichen Fernsehens zu lamentieren. Der Zug ist abgefahren.

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  5. Größtenteils stimme ich dir zu aber hier beim Untergang:

    "Die Interpretation, die sich so aufdrängt, kann nur lauten: eine Riege halb wahnsinniger Nationalsozialisten, die gewissermaßen aus dem Nichts kamen, nahm das ganze Reich in Geißelhaft"

    interpretierst du das mMn falsch. Du lässt da außer acht, dass der Film 1945 spielt. Hitler war 1933 nach normalen Maßstäben sicher auch nicht normal. Kurz vorm Ende und auch nach dem Anschlag 1944 wird er mit Sicherheit ziemlich paranoid und durchgeknallt gewesen sein. 1933 war die Naziwelt noch in Ordnung und der Irrsinn war so wohl noch nicht ausgebrochen.

    @stefan rose: Genau so ging es mir mit der Flucht auch.

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  6. "Genau das war DER überwältigende Kritik bereits vor der Veröffentlichung."
    Wenn da statt "der" DIE steht, ergibt's einen Sinn.
    - klaus

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  7. Die abgebildeten Plakate wären auch mal 'ne Abrechnung wert.
    - k.

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  8. Gott, ja. Danke dafür!

    Dazu passen auch die unzähligen Dokumentationen, in denen vor grauschwarzem Hintergrund die Zeitzeugen ihre Geschichten erzählen, und zwar so gut wie unreflektiert Täter und Opfer gleichermaßen.

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  9. Ähnlich relativierend sind doch auch die pseudo-wissenschaftlichen Geschichtserzählungen eines Guido Knopp einzuordnen. So werden unter dem Titel "Die Deutschen" alle Kaiser von Karl dem Großen (geograpisch eigentlich eher ein Belgier) über Friedrich II (eigentlich ein Sizilianer, der nur alle Jubeljahre mal einen Fuß auf den boden stellte, den man heute "deutsch" nennt) bis hin zu Franz II (seines Zeichens Habsburger und damit eher Österreicher) als Deutsche bezeichnet.
    Die Dokumentation könnte in weiten Teilen auch als "die Österreicher", "die Franzosen", "die Römer" (wollten die oben genannten doch eigentlich das Cäsarentum Roms wiederauf- bzw. weiterleben lassen und sich als deren legitime Nachfolger sehen [daher auch die Bezeichnung "Kaiser"]) oder "die Europäer" laufen". Warum die nun alle "deutsch" sein sollen ist mir ein Rätsel und von Klopp auch nie wirklich beantwortet.

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  10. Ich habe mir keinen dieser Schmachtfetzen angesehen, frage mich aber nun, ob ich das als historisch und politisch interessierter Mensch hätte tun sollen. Erst jetzt fällt mir auf, wie viele solcher Filme es in den letzten Jahren gab. Schwer, an Zufall zu glauben


    Gut, dass du das aufgreifst. Was tun?

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  11. Dank der geschichtlichen Gleichmacherei, die es heute erlaubt, deutsches Leid in den schönsten Farben zu malen,...

    Ohne Worte.
    Wie krank und kriminell muss man sein, um mit dieser Forderung all die historische Barbarei, an der keine Deutschen der Jahre 39-45 beteiligt waren, ungeschehen machen zu wollen?
    Euer Rassismus (gegenüber den Deutschen) ist noch übler als derjenige aus der Zeit des Dritten Reiches. Denn er geschieht danach.
    Woher nehmt ihr das Recht, so einseitig und hasserfüllt urteilen zu wollen?

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  12. Das mit dem Deutschen: da die Mitglieder des Heiligen Römischen Reichs DEUTSCHER Nation waren kann man sie schon da hin stellen, besonders da es Belgien oder Italien als Staaten ja auch nicht gab...

    @Citizen: Thematisieren, warnen, erklären.

    @Anonym: Darum geht es nicht. Es geht um die Relativierung und Aufrechnung.

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  13. Nachdenklich machen einem aber auch die vielen Weltkrieg 2 Dokus. Es sind immer heldenhafte Filme, wo die deutsche Armee nur Pech hatte. Und ja, ich habe auch das Gefühl es soll ein anderes Bild der Deutschen gemalt werden. Es dauert ja noch aber es zeigt schon Wirkung bei den 20 und 30 jährigen.
    Oder, staunend sehe ich immer, wie ohne Widerspruch amerikanische Folter der schwersten Art verzeihlich ist, während die gleichen Untaten der Russen verwerflich sind.

    Übrigens hatte denn jemand mal ein normales Bild über die Russen gemalt? Waren es denn nicht immer Unmenschen? Bei Hitler und auch heute.

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  14. „Man muss es sagen wie es ist: die Machart der Filme ist stets professionell, spannend und mitreißend, die Botschaft dagegen ist revisionistische Kacke.“

    Danke für diesen Satz. Danke für die treffende, mühevolle Analyse.

    Seit Jahren warte ich endlich auf diese klare und deutliche Benennung der Werke dieser Machart.

    Dabei wende ich mich nicht mal komplett gg. diese „revisionistische Kacke“. Ich erkenne deren Funktion und akzeptiere die soziale und gesellschaftliche Komponente, die anscheinend gebraucht/gesucht wird. Sie bedient u.a. die nostalgischen und verklärten Erinnerungen einer Generation, die versucht ihren Frieden mit der Vergangenheit zu finden; versucht durch sehr dosierte Einsprengsel, an der Schwelle der Wahrnehmung und auf einer sehr emotionalen Ebene Kritik zu äußern ohne Lästig sein zu wollen.

    Eine Neu-Art von Heimatfilm eben, oder Bollywood.

    Aber dann bitte auch im Klartext, mit eindeutiger Benennung. Dann ist zumindest eine Diskussion möglich, Austausch; und keine Verklärung zu „historischen Dokumenten“ mit emotionaler Konotation.

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  15. Klar war "Die Flucht" ein kitschiger Scheißfilm.
    Trotzdem ist es korrekt, einmal die unermesslichen Leiden der Vertriebenen zu zeigen. Verbrechen an Zivilisten sind Verbrechen, egal an wem sie verübt werden. Nach dem 2.WK sind mehr Deutsche gestorben als im Krieg, meist unter vorsätzlicher Gewalt und erzwungenen Hunger etc., eben weil sie Deutsche waren und im Sinne der Kollektivschuld bestraft werden mussten. Der Oberpropagandist Lippmann sagte sinngemäss, das sie Reeducation abgeschlossen sei, wenn die nachfolgenden Generationen der Deutschen die Lügen ( der Amis) glauben. Mission accomplished!
    Wenn man die Verbrechen AN Deutschen aufzeigt, genau wie die antideutschen Ressentiment in den angelsächischen Ländern in der ersten Hälfte des 20.Jh, hat das nichts damit zu tun, Hitler zu verharmlosen. Dasselbe, wenn man mal auf die Völkermorde Stalins, Maos etc. hinweist.
    Ich verabscheue JEDE Gewalt gegen Menschen, die Deutschen sind keine Opfer zweiter Klasse. Es ist bezeichnend, daß mich ausschließlich amerikanische, englische und jüdische Autoren in dieser Hinsicht aufklärten.
    Der Selbsthass der meisten Deutschen ist international einmailig und "wohl kein Zufall""...

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  16. Du schmeißt einfach zwei Sachen in einen Topf. Ich kritisiere den Revisionismus, nicht dass die Leiden der Fluchtopfer gezeigt wurden. Das ist überhaupt nicht das Problem, und es hat auch nichts mit "Selbsthass" zu tun.

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  17. "die Deutschen sind keine Opfer zweiter Klasse"

    H. Schwendemann (übrigens danke für den Link!) zeigt, dass die Ostpreußen keine Unschuldslämmer waren.

    Haben selbstverschuldete Leiden den gleichen Anspruch auf Mitgefühl wie fremd-verschuldete?

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  18. @Stefan Sasse

    Oh doch, darum geht es.

    Übrigens relativiert sich Geschichte ganz von selbst. Denn die Zeit bleibt nicht stehen.

    Und was die "Aufrechnung" angeht, so wird das ein jeder mit sich vereinbaren. Dogmatismus und Gesetze vermögen keine sog. "Aufrechnung" einzuschränken.
    Erinnerung, Erfahrung, Wissen und Gerechtigkeitssinn sind Dinge, die bereits diesem Dogmatismus widersprechen. Denn sonst benötigte der Dogmatismus weder Gesetze zu seinem Schutz, noch einer Political Corectness, noch einer zwanghaften Hysterie.

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  19. Du wirfst hier mit Schlagworten um dich, aber wirklicher Inhalt ist eigentlich nicht drin. Wo ist in meinem Beitrag denn Dogmatismus? Oder political correctness? Und was soll das überhaupt sein?

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  20. Huh, heute gleich 20 Kommentare. Da brechen ja die Server zusammen :-)

    Den Untergang habe ich als einzigen der genannten Filme gesehen, ehe ich den anderen Mist gucke, schau ich mir eher Yvonne Catterfeld als Gräfin Sophie an. historisch genauso korrekt.

    Es gibt ja bei youtube solche neu betexteten, "lustigen" Ausschnitte. Ich brauch die nicht. Das Original ist selber so komisch! Für mich ist das nämlich ein Unterhaltungsfilm. Also, ich amüsiere mich jedenfalls köstlich, wenn dat Ding mal wieder im TV läuft.
    Bruno Ganz war übrigens gar nicht toll, das kann er nämlich gar nicht. Weil die Figur "Adolf Hitler" so bekannt ist und jeder von ihm bestimmte Bilder, Sprech- und Verhaltensweisen im Kopf hat (und diese hat er unter Umständen von "switch"), das jede Darstellung nur zur Karikatur werden kann.
    Das gleiche Problem gibt es übrigens auch bei der Figur "Michael Jackson". :-)

    Aber ernsthaft, beim Untergang gibt es anderes Problem: Nämlich Edmund Stoiber. Den hab ich früher nie gemocht. Aber dann, als er von seinen Wasserträgern hinterrücks gemeuchelt wurde, diese sogar zu feige waren, es selber zu tun und statt dessen die "schöne Landrätin" die Drecksarbeit erledigen haben lassen, hatte ich Mitgefühl mit ihm. Und warum: Mit jemand, der am Boden liegt, hat man eben Mitleid. Und Hitler & Co. lagen zu diesem Zeitpunkt am Boden.
    Und wie du schon schriebest, die Deutschen wurden geteilt: in "normale" (welche heute CDU wählen würden), und die Nazis, die dann immer Psychopathen und/oder gaaanz unsympathisch waren. Etwaige andere Nazi-Gegner, wie Kommunisten oder Sozialdemokraten, werden dagegen als dogmatischer Ideologen dargestellt. Diese Filme sind gesendete Extremismustheorien, was den schönen Nebeneffekt hat, das diejenigen, die Hitler gewählt und bejubelt haben, nämlich die Konservativen, trotzdem die Guten bleiben - Aber der Feind steht selbst mit Rechtsextremisten in der Regierung immer noch "Links".

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  21. Kurzer Nachschlag: Kenne selbst nur den 'Untergang', was aber auch völlig reicht - du hast die Ursachen des deutliche Unbehagens, welches beim kritischer Betrachter ausgelöst wird, treffend diagnostiert und entlarvt. Nur keine Schüchternheit.

    Vielleicht gäbe es ja mal eine Nachbetrachtung zu 'Pearl Harbour' 2001(!!) etc. :-)

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  22. Pearl Harbor?! Fand den denn überhaupt jemand gut? *lach*

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  23. Ui, ui, ui, Ihr habt aber alle in der Schule schön aufgepaßt und den ganzen Unsinn der Euch dort beigebracht wurde schön in Euch aufgesogen. Dazu nur ein Zitat:

    "Mit Greuelpropaganda haben wir den Krieg gewonnen ...Und nun fangen wir erst richtig damit an! Wir werden diese Greuelpropaganda fortsetzen, wir werden sie steigern bis niemand mehr ein gutes Wort von den Deutschen annehmen wird, bis alles zerstört sein wird, was sie etwa in anderen Ländern noch an Sympathien gehabt haben, und sie selber so durcheinander geraten sein werden, dass sie nicht mehr wissen, was sie tun. Wenn das erreicht ist, wenn sie beginnen, ihr eigenes Nest zu beschmutzen, und das nicht etwa zähneknirschend, sondern in eilfertiger Bereitschaft, den Siegern gefällig zu sein, dann erst ist der Sieg vollständig. Endgültig ist er nie. Die Umerziehung (Reeducation) bedarf sorgfältiger, unentwegter Pflege wie englischer Rasen. Nur ein Augenblick der Nachlässigkeit, und das Unkraut bricht durch, jenes unausrottbare Unkraut der geschichtlichen Wahrheit."
    Sefton Delmer, ehemaliger britischer Chefpropagandist nach der Kapitulation 1945 zu dem deutschen Völkerrechtler Prof. Grim

    Na bitte, der Erfolg ist bei Euch klar erkennbar.

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  24. Löblich, auf diese fürchterlichen TV-Geschichtsfilme einzugehen mit ihren grausigen Plakaten und einem häufigen Muster (eine Frau zwischen zwei Männern). Mir fehlen noch zwei Aspekte:

    1. Es gibt Fernsehfilme über mehr Geschichtsthemen als die Nazizeit. Ich erinnere mich z.B. an "Das Wunder von Lengede", einen Film über den Sturz Willy Brandts sowie drei (!) Filme über den 17. Juni 1953. Den Bergarbeiterfilm habe ich nicht gesehen, den über Willy Brandt fand ich ganz fürchterlich und die Filme über den 17. Juni hatten mindestens teilweise Qualität. Da aber anscheinend jedes Geschichtsereignis nach demselben Muster verfilmt werden kann - und die Hauptdarsteller zur ihrer Zeit völlig unpassend moderne Ansichten haben (vgl. TV Tropes) - wird es irgendwann langweilig. Ich habe einfach keine Lust mehr, zuzusehen, wie sich eine Handvoll deutscher Schauspieler anhand einer Filmtherapie mit der jüngeren deutschen Geschichte versöhnt.

    2. Ich habe den Eindruck, in Geschichtssendungen werden zuviele Szenen nachgespielt. Zudem wird bei der jüngeren Geschichte zuviel Originalmaterial unkommentiert (oder nur gering kommentiert) übernommen. Außerdem wird Zeitzeugen ein völlig unangemessen großer Raum zugemessen, ohne dass ihre Aussagen ebenfalls kommentiert und hinterfragt werden. Ich mag mich hinsichtlich dieser Beobachtungen täuschen. Sie alle weisen in dieselbe Richtung, die in diesem Artikel angesprochen wird: Die damals vorherrschende Sicht wird (zumindest unbewusst) untermauert.

    Gerade wenn über Diktaturen berichtet wird, ist offizielles Filmmaterial mit Vorsicht zu genießen. Bilder wirken womöglich stärker als Worte, deswegen reicht es nicht, kurz danach zu sagen "das stimmt so nicht". Zeitzeugen können sich irren oder viele Dinge Jahrzehnte später anders wiedergeben. Irgendwelche Szenen nachzuspielen birgt das Risiko, dass diese Bilder untrennbar mit der Geschichte verknüpft werden, obwohl man viele Begleitumstände nicht kennt und immer nur in gewissen Maßen rekonstruieren kann.

    Die unter 2. angesprochene Problematik ist kein Guido-Knopp-Problem oder gar auf Deutschland beschränkt - leider!

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  25. Alles noch harmlos - wenn man sich mal die grausam geschichtsverfälschende RTL-Filmproduktion zum Absturz der Hindenburg angesehen hat, können einen nicht mal mehr "Die Gustloff" oder "Die Flucht" erschüttern...

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  26. Absolute Zustimmung.

    Filmtechnisch sind die ja teilweise gut gemacht, insbesondere "Der Untergang".
    Aber Erzählstil und Filmtechniken sind das eine. Die können Professionel sein. Der Inhalt ist etwas anderes.

    Den Unterschied muss man sich auch bei Filmen wie "Birth of a Nation" vor Augen halten. Filmtechnisch und vom erzählstil Innovativ, aber inhatlich...

    ... Ku-Klux-Klan-Propaganda.

    Ist dem Macher von "Birth of a Nation" später auch selbst klar geworden, soweit ich informiert bin.

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