Von Stefan Sasse
Ein Student der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe hat als Abschlussarbeit ein PC-Spiel auf Basis der Half-Life-2-Engine programmiert, das die DDR-Grenze thematisiert. Das Game heißt "1378km" - in Anlehnung an die Grenzlänge - und lässt den Spieler entweder als "Republikflüchtling" oder als Grenzpolizist agieren. Der eine muss flüchten, der andere die Flucht verhindern. Der Programmierer will so "Geschichtsbewusstsein" steigern, weil man die junge Generation mit solchen Spielen am ehesten erreichen könne. Die Reaktionen waren erwartungsgemäß heftig; SpOn und BILD zerreißen es. "Experten" erklären es unisono für völlig ungeeignet. Besieht man sich die Experten wie etwa Axel Klausmeier - Direktor der Stiftung "Berliner Mauer" - so wird klar, dass das Ergebnis der Befragung bereits vor Herausholen des Mikrofons klar wurde. Im SpOn-Interview darf Klausmeier vorher noch eine Bildwand mit Fotographien der Maueropfer ablaufen, damit die Botschaft am Zuschauer auch ja nicht vorbeigeht. Die Berichterstattung ist also, wie so häufig, mindestens genauso tendenziös wie ihr Gegenstand. Mir scheint, dass ein solches Game trotz der vom Programmierer eingebauten moralischen Wegsperren wie etwa dem Prozess im Jahr 2000, dem sich ein Mauerschütze stellen muss, eher nicht übermäßig zu empfehlen ist, weil eine größere Reflexion des Gegenstands damit kaum möglich erscheint, aber ich müsste es spielen, um mir ein vollständiges Bild davon zu machen. Das aber wird vorerst nicht möglich sein; zum "Beitrag zu einer sachlichen Debatte" hat die Karlsruher Hochschule nämlich Präsentation und Veröffentlichung verschoben. Sehr sachlich, äußerst lobenswert. /Ironie
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