Dies ist die Fortsetzung des ersten Teils.
Wahlaufruf der USPD an Häuserwand, fotographiert 1998 |
Noske bei Freikorpsbesichtigung |
Bereits im Januar 1919 wurde in zahlreichen Zechen gestreikt. In Essen formierte sich ein aus Vertretern von MSPD, USPD und KPD zusammengesetzter Arbeiter- und Soldatenrat, der unter einem MSPD-Volkskomissar die Sozialisierung des Bergbaus beschloss. Eine Konferenz der rheinisch-westfälischen Arbeiterräte bestätigte diese Beschlüsse. Damit kamen die Streiks wieder zum Erliegen, offensichtlich wurden ja Schritte unternommen. Allein, die Volksbeauftragten kümmerten sich nicht um die Entschlüsse aus dem Ruhrgebiet. Für die MSPD war mit den Wahlen zur Nationalversammlung die Revolution beendet. Während man offiziell Verhandlungen anbot, bereitete man das militärische Eingreifen vor. Am 12. Februar begann das berüchtigte "Freikorps Lichtschlag", das sich bald den Spitznamen "Freikorps Totschlag" verdient hatte, die Soldatenräte aufzulösen und Widerstand erbarmungslos niederzumachen. Darüber zerbrach die Einheit der sozialistischen Parteien; die MSPD trat nach der Ausrufung des Generalstreiks am 16. Februar aus dem Bündnis aus. Da das Militär mit brutaler Gewalt dagegen vorging, brach man den großen Streik - über 180.000 Bergleute befanden sich im Ausstand - wieder ab. Nur drei Tage später aber brach ein Generalstreik in Mitteldeutschland aus, der nicht nur die Kohle-, sondern auch die chemische Industrie umfasste.
Reichswehr bei Übung |
Doch auch in Berlin eskalierte die Lage. Am 3. März beschloss die Volksversammlugn der Arbeiter- und Soldatenräte Groß-Berlins den Generalstreik für den 4. März auszurufen und die Anerkennung der Räte, Freilassung politischer Gefangener, Auflösung der Freikorps und die Bildung einer revolutionären Arbeiterwehr sowie Beziehungsaufnahme zur Sowjetunion zu fordern. Der Streik jedoch scheiterte bereits am 4. März: es existierte keine einheitliche Streikfront, die Geschäfte blieben geöffnet, Straßenbahnen fuhren, die Stimmung war merkwürdig gelassen. Das hinderte Gustav Noske allerdings nicht, den Einmarsch der Freikorps zu befehlen und den verhängten Belagerungszustand auszunutzen. Schnell kam es zu Straßenschlachten, die deutlich intensiver als die bisherigen Kämpfe waren. Daraufhin zog sich die MSPD aus der Streikleitung zurück. Am 8. März brach die USPD den aussichtlos gewordenen Streik ab.
MG-Posten vor Berliner Stadtschloss |
An dieser Stelle wollen wir uns mit der Münchner Räterepublik beschäftigen. Bereits im November 1918 hatte Kurt Eisner, Mitglied der USPD im sozialistischer Umtriebe nicht gerade verdächtigen Bayern, die Abdankung des bayrischen Königs betrieben und wurde zum Ministerpräsidenten. Als Jude und Sozialist war er den Rechten unglaublich verhasst. Fast täglich gingen Morddrohungen in der Kanzlei ein. In der Arbeiterbevölkerung jedoch genoss er Sympathien auch deutlich über das USPD-Klientel hinaus. Beides wurde nach seiner Ermordung durch einen jungen Leutnant im Februar 1919 deutlich, als die Bürgerlichen - wie etwa Thomas Mann - das Ereignis mit Freude oder Gleichmut aufnahmen, während bei den Arbeitern tiefe Trauer herrschte. Eine politische Massenbasis hatte Eisner nie besessen; die USPD gewann bei den Wahlen nur 2,5%. Sein Nachfolger von der MSPD, Auer, wurde kaum eine Stunde nach dem Mord in einem weiteren Attentat lebensgefährlich verletzt. In Folge wurde der Antrag der Linken, eine Räterepublik zu gründen, abgelehnt. Die MSPD stellte sich auf den Standpunkt, dass eine Regierung nur aus dem gewählten Landtag hervorgehen könnte - die Ähnlichkeit zu Eberts Standpunkt, nur die Nationalversammlung könnte über die politische Form Deutschlands entscheiden, ist frappant.
Revolutionäre Soldaten in München |
Noske freilich fiechte das nicht an. Er befahl dem Angriff, und die Hinrichtung von zehn Geißeln der rechtsextremistischen Thule-Gesellschaft durch den Befehlshaber der Roten Armee Egelhofer tat ihr Übriges, die Entschlossenheit der Noske-Soldateska anzuheizen. Nach drei Tagen war der Kampf militärisch endgültig entschieden. Was folgte, war ein Morden, wie es wohl nur in der Kapitulation der Pariser Kommune 1871 seinesgleichen findet. Für eine Woche war München praktisch vogelfrei, und die entfesselten Freikorps töten jeden, den sie für einen Aufständischen hielten. Deutlich über 600 Menschen wurden in München ermordet. Obwohl die Regierung Hoffmann nach dem Gemetzel nach München zurückkehrte, war ihre Macht endgültig vorbei. Die Militärs gaben jetzt den Ton an. Bayern war fest in der Hand der Rechten, zu deren freien Betätigungsfeld es in der folgenden Zeit wurde. Nicht von ungefähr war es hier, wo der Hitler-Putsch seinen Ausgang (und sein unrühmliches Ende) nahm.
Weimarer Reichsverfassung |
Die Weimarer Reichsverfassung ist eine Geschichte, in der sich erneut eine Niederlage der SPD im Zentrum befindet. Gemeinsam mit der USPD hatte sie absolute Mehrheit bei den Wahlen zur Nationalversammlung verfehlt, was einerseits durch die massive antisozialistische Propaganda der bürgerlichen Parteien begründet war, wie sie heute noch in fast unveränderter Form von CDU und FDP betrieben wird, andererseits aber an der zwiespältigen Rolle der Parteien im bisherigen Revolutionsverlauf. Es war also nötig, eine der bürgerlichen Parteien als Koalitionspartner ins Boot zu holen. Hier zeigte sich bereits das erste Problem der Weimarer Republik: Parteien, die den parlamentarischen Konsens der MSPD teilten, der Mehrheitsentscheidungen vorsah, gab es kaum. Die eher linksliberale DDP war die einzige, die sich vorbehaltlos hinter die Republik stellte. Die anderen Parteien taten dies zwar rhetorisch, aber es sollte sich später zeigen, dass sie es nicht mit ganzem Herzen waren. Da die DDP fürchtete, von den sozialdemokratischen Parteien an die Wand gedrückt zu werden bestand sie darauf, zusätzlich das Zentrum ins Boot zu holen. ("Weimarer Koalition") Dadurch wurde die Verfassung allerdings stark bürgerlich geprägt, der Grundrechtsteil zu einem Potpourri von Partikularinteressen.
Die deutsche Versailles-Delegation |
Im Frühjahr 1920 dann spielten sich die letzten beiden Akte ab, die noch mit der Revolution in Verbindung stehen. Im März fand eine antirepublikanische Kampagne gegen den Zentrums-Abgeordneten Erzberger, der sich bereits im Krieg als Kriegsgegner profiliert hatte und eine der Stützen der Weimarer Koalition war, ihren traurigen Höhepunkt. In einem Prozess, der die ganze Rechtslastigkeit des Justizsystems eindrücklich darlegte, wurde Erzbergers Ansehen zerstört; er trat noch am gleichen Tag zurück. Das war das Signal zum Aufstand für Kapp, Lüttwitz und Erhardt, drei rechtsgerichtete Politiker und Militärs. Sie marschierten mit der "Marinebrigade Erhardt", deren Mitglieder das Hakenkreuz am Helm trugen, in Berlin ein und wollten die Macht übernehmen. In dieser ersten Belastungsprobe des Bündnisses, das Ebert und Noske mit den Militärs geschlossen hatten, die sie zuvor zum Niederschießen ihrer eigenen missverstandenen Anhänger gebraucht hatten, wurden die Verräter verraten. Es war eine wohlverdiente Klatsche, die die beiden erhielten, und Noske verschwand in Folge auch aus der großen Politik. Der Reichswehrchef von Seeckt erklärte die Reichswehr für neutral ("Truppe schießt nicht auf Truppe"), was angesichts Bewaffneter in der Stadt einer Erklärung für die Putschisten gleichkam. Auch die Administration arbeitete mit den Putschisten wie mit der Regierung zusammen. Die Regierung flüchtete nach Stuttgart, nicht ohne vorher zu einem Generalstreik aufzurufen, dem sie freilich nicht viele Chancen einräumte.
Putschisten in Berlin, 1920 |
Bei den Reichstagswahlen am 6. Juni 1920 präsentierte das Volk der MSPD die Quittung: über 10% Stimmen gingen verloren, die USPD gewann in gleichem Maß dazu. In der Weimarer Republik sollte die MSPD nie wieder substantiell über 30% hinauskommen. "Wer hat uns verraten? - Sozialdemokraten!" wurde zu einem geflügelten Wort, mit dem man noch heute die SPD überziehen kann.
Weiterführende Literatur:
Bildnachweise:
USPD - Angela Monika Arnold (CC-by-sa 2.0/de)
Noske und Freikorps - unbekannt (gemeinfrei)
Reichswehr bei Übung - unbekannt (gemeinfrei)
MG-Posten - L. Marmulla (gemeinfrei)
Soldaten in München - unbekannt (gemeinfrei)
Deutsche Delegation - unbekannt (gemeinfrei)
WRV - Jon Roma (gemeinfrei)
Putschisten - Otto Haeckel (gemeinfrei)
Weiterführende Literatur:
Volker Ullrich - Die deutsche Revolution 1918/19
Eduard Bernstein - Die deutsche Revolution 1918/19
Alexander Gallus - Die vergessene Revolution 1918/19
Eduard Bernstein - Die deutsche Revolution 1918/19
Alexander Gallus - Die vergessene Revolution 1918/19
Bildnachweise:
USPD - Angela Monika Arnold (CC-by-sa 2.0/de)
Noske und Freikorps - unbekannt (gemeinfrei)
Reichswehr bei Übung - unbekannt (gemeinfrei)
MG-Posten - L. Marmulla (gemeinfrei)
Soldaten in München - unbekannt (gemeinfrei)
Deutsche Delegation - unbekannt (gemeinfrei)
WRV - Jon Roma (gemeinfrei)
Putschisten - Otto Haeckel (gemeinfrei)
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