Stephan Lehnstaedt - Der vergessene Sieg
Zwischen 1919 und 1921 führten das neu entstandene Polen und die vom Bürgerkrieg zerrissene Sowjetunion einen Krieg, der heute weitgehend vergessen ist. Gleichwohl sind die Ergebnisse des Krieges für den Aufbau Osteuropas bis heute von großer Relevanz, und die tiefen Risse und Verletzungen, die beide Kontrahenten einander zufügten, bestimmten das Verhältnis lange und tun das teilweise bis heute. Angesichts des Kriegs in der Ukraine heute und dem erhöhten Interesse an der Geschichte der Region ist ein tieferer Blick auf die Entstehung - oder Nicht-Entstehung - der osteuropäischen Staaten in der Zwischenkriegszeit ein lohnenswertes Unterfangen, weswegen ich mir Stephan Lehnstaedts kleines Buch über den "vergessenen Sieg" in einem ebenso vergessenen Krieg vorgenommen habe.
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus ist, wie bereits in Magnus Brechtkens Einleitung deutlich gesagt wird, ein Prozess, der niemals abgeschlossen sein wird. Die jüngsten Debatten um die Vergleichbarkeit des Holocaust etwa mit den Kolonialverbrechen oder die Forderung nach einem Schlussstrich und einem Ende der Aufarbeitung weisen von zwei Enden des politischen Spektrums auf die weiterhin bestehende Relevanz des Themas hin, die durch stets weitere historische Forschungsarbeit wie etwa die Auftragsarbeiten der Behörden (die, ihrerseits nicht unproblematisch, im Buch beleuchtet werden) untermauert wird. Doch nicht nur neue Erkenntnisse sollen im Zentrum des Bands stehen, sondern die Frage, wie der Holocaust rezipiert wird, sowohl in Deutschland als auch darüber hinaus. Zu diesem Zweck versammelt das "Kompendium" zahlreiche Aufsätze von Fachwissenschaftler*innen. So leitet Brechtken in den ersten Abschnitt, "Einführende Perspektiven", ein.
