Von Stefan Sasse
Mit diesem Artikel setzen wir unsere im ersten Teil begonnene kleine Reise durch die Präsidenten der USA fort, bei der uns die Animaniacs mit ihrem Song "Presidents of the United States of America" begleiten.
Abraham Lincoln |
"Up to bat comes old Abe Lincoln
There's a guy who's really thinkin'
Kept the United States from shrinking
Saved the ship of state from sinking."
Abraham Lincoln hatte es im Wahlkampf 1860 geschafft, die demokratische Partei über die Sklavenfrage zu spalten. Da er innerparteilichen Widerstand bereits vorher ausgeschaltet hatte, stand ihm damit der Weg ins Weiße Haus offen, das er als erster Republikaner betrat. Die Republikaner waren damals noch nicht die rechtsgerichtete Südstaatenpartei, die sie heute sind, sondern eine progressive Partei von Abolitionisten, besonders im Norden stark. Für den Süden war die Wahl Lincolns, durch den sie den Machtkampf im Bund endgültig an den Norden verloren, der letzte Tropfen in dem Fass, das sie zur Sezession bewegte. Lincoln verstand sich selbst als Gemäßigter; er erklärte, dass wenn er die Sezession verhindern könne, ohne einen einzigen Sklaven zu befreien, er es auch tun würde. Als die Schüsse von Fort Sumter abgegeben und der Krieg damit da waren, zögerte er aber nicht, die Freiwilligen, die zu den Fahnen des Nordens geströmt waren, in großen Schlachten zu verheizen und die unfähigen Oberkommandeure des Nordens zu feuern und durch noch unfähigere Kandidaten zu ersetzen. 1863 proklamierte er die Sklavenbefreiung im ganzen, ungeteilten Unionsgebiet, um damit die moralische Luftherrschaft wiederherzustellen und das wankende Großbritannien und Frankreich von einem Kriegseintritt auf Seiten der Konföderation abzuhalten. Als Lee seinen wagemutigen (oder, je nach Standpunkt, wahnwitzigen) Vorstoß im dreitätigen Gemetzel bei Gettysburg abbrechen musste, war es endgültig nur noch eine Frage der Zeit, bis die drückende quantitative und qualitative Überlegenheit der Nordarmee sich gegenüber der Inkompetenz ihrer Generäle ausgleichen und den Süden in die Knie zwingen würde. Wir werden nie erfahren, ob Lincoln die Aufgabe der Reconstruction des geschlagenen Südens besser vollbracht hätte als seine Nachfolger, denn diesen überließ er den Kladderadatsch, nachdem er 1865 von dem Schauspieler John Wilkes Booth ermordet wurde.
Andrew Johnson |
"Andrew Johnson's next
He had some slight defects
Congress each would impeach
And so the country now elects"
Andrew Johnson war 1864 als der perfekte running mate für Abraham Lincoln erschienen: Südstaatler, Demokrat und dazu aufrechter Abolitionist und Hasser der Sezession. Doch nachdem er nach Lincolns Ermordung als Präsident inauguriert wurde wandte er sich gegen die harte Bestrafung des Südens, die er vorher so wortreich gefordert hatte. Weder wurde die alte Pflanzeraristokratie in ihrer Machtstellung bedroht, noch mussten die Südstaaten bei ihrer Wiedereingliederung in die Union 1865 die Bürgerrechte für Schwarze umsetzen ("black codes"). Als der Präsident exzessiv von seinem Veto Gebrauch machte, um die Reconstruction im Süden im Sinne der Abolitionisten zu behindern oder Bürgerrechtsgesetze zu Fall zu bringen, strengte der Kongress nicht nur ein Impeachment an, das im Repräsentantenhaus glatt durchging und im Senat an nur einer Stimme scheiterte, sondern überstimmte auch zum ersten Mal mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit ein präsidiales Veto. Mehr als nur "some slight defects" also, wie Yakko sarkastisch vermerkt.
Ulysses S. Grant |
"Ulysses Simpson Grant,
who would scream and scrave and rant
drinking whiskey although risky
'cause he'd spill it on his pants."
Ulysses S. Grant war derjenige Nordstaatengeneral, der schließlich auf eine Strategie verfiel, die über eine Aufstellung zur Feldschlacht hinausging. Mit seiner Operation "Anaconda" verheerte er die Südstaaten in einem Ausmaß, das mit den Flächenbombardements des Zweiten Weltkriegs vergleichbar ist und einen ähnlich zweifelhaften Nutzen hat. Da die Nordstaaten jedoch aufhörten, sich den Südstaaten in riesigen Schlachten zu stellen, sondern sie stattdessen an ihren Schwachstellen angriffen und das Land durch einen Vorstoß am Mississippi teilten, war die Konföderation irgendwann nicht mehr lebensfähig. Ein Kriegsheld als Präsident war schon oft das direkte Ticket ins Weiße Haus gewesen, doch Grant zeigte nach seiner Nominierung durch die Republikaner und seinem recht knappen Wahlsieg 1868 kein glückliches Händchen für die Politik: seine gesamte Regierungszeit war von schweren Korruptionsskandalen erschüttert, in die er zwar nicht selbst verwickelt war, aber dafür seine ganze Umgebung. Man darf annehmen, dass er nicht klug genug war, selbst Profit daraus zu schlagen, denn seiner Familie drohte vor seinem Tod die Verarmung, die der zwei Amtszeiten amtierende Grant durch das Befolgen des Ratschlags von Mark Twain abwehren konnte, seine Memoiren zu schreiben. Grant war Kettenraucher und Trinker, worauf die Zeilen von Yakko und Wakko anspielen.
Rutherford B. Hayes |
"It's 1877 and the Democrats would gloat
but they're all amazed
when Rutherford Hayes
wins by just one vote."
Mit Rutherford Hayes kommt wieder einmal ein General des Bürgerkriegs ins Weiße Haus. Seine Wahl war von starken Unregelmäßigkeiten in mindestens vier Staaten begleitet, wovon Florida besonders schwer betroffen war (ja, die Parallele zu 2000 ist verblüffend). Es wurde ein Schiedsgremium eingesetzt, und obwohl der demokratische Herausforderer Tilden mehr Stimmen bei den Wahlen hätte, sprach das Gremium 8 der 15 fraglichen Stimmen Hayes zu und sicherte so seine Präsidentschaft. Die Demokraten gingen daraufhin mit dem Schlachtruf "Tilden or Blood!" auf die Straße, und eine Zeit sah es so aus, als ob tatsächlich der Bürgerkrieg wieder aufleben würde, bevor die Republikaner versprachen die Besatzungstruppen aus dem Süden abzuziehen, wenn sie Hayes akzeptierten, was Tilden denn auch tat. Durch diesen Abzug erholte sich zwar die Wirtschaft der Südstaaten wieder, jedoch unterdrückten die Weißen die Schwarzen nun wieder öffentlich, indem sie den Grundsatz "seperate, but equal" anwandten, der 1896 vom Obersten Gerichtshof als rechtens bestätigt wurde. 1877 ließ Hayes einen Eisenbahnerstreik in Pittsburgh vom Militär blutig niederschlagen. Auf Betreiben seiner daraufhin als "Lemonade Lucy" verspotteten Frau verbannte er außerdem Zigaretten und Alkohol aus dem Haus. Lucy Hayes hat sich außerdem das bleibende Verdienst erworben, die jährliche Tradition des Ostereierkullerns für Kinder im Garten des Weißen Hauses eingeführt zu haben.
James Garfield |
"James Garfield someone really hated
'cause he was assassinated."
Die Logik Dots ist bisweilen unübertroffen. Der Mann, der Präsident Garfield so hasste, war Charles J. Guiteau, ein psychisch Gestörter, der für den Posten des Konsuls von Paris abgelehnt worden war. Das lag daran, dass Garfield nicht nur für eine moderate Behandlung des geschlagenen Südens eintrat, der von den Nordstaaten (und den republikanischen Präsidenten) trotz des offiziellen Endes der Reconstruction unter Hayes immer noch als besiegter Feind behandelt wurde. Er versuchte außerdem, mit dem Filz und der Korruption Schluss zu machen, den die lange Regierungszeit der Republikaner mit sich gebracht hatte und war damit auch recht erfolgreich - so erfolgreich, dass ein offensichtlich ungeeigneter, aber in der Partei vernetzter Gestörter wie Guiteau abgelehnt wurde. Garfields letzte Worte sollen angeblich "Werde ich in die Geschichte eingehen?" gewesen sein, aber das ist wohl eher unwahrscheinlich. Es geht allerdings das Gerücht um, dass weniger die Kugeln des Attentäters als vielmehr die sowohl unhygienische als auch unsachgemäße Behandlung der Ärzte seinen Tod verursachte.
Chester A. Arthur |
"Chester Arthur gets instated
four years later, he was traded"
Chester A. Arthur war ein Kind des Systems, das noch von Andrew Jackson geschaffen worden war; der beständigen Patronage und dem Ämtergeschacher Washingtons. Ironischerweise war es seine größte Leistung, eben diese Zustände zu beenden, indem er 1883 den Pendleton Act durchbrachte, der verfügte, dass jeder auf den untersten Stufen der Karriereleiter anzufangen hatte und sich durch Leistung nach oben arbeiten musste. Dies ist umso beachtlicher, als dass er an einem Nervenleiden litt (weswegen er sich auch nicht zur Wiederwahl stellte) und auch mit den oppositionellen Demokraten zusammenarbeitete. Generell zeigte er eine große Unabhängigkeit von politischen Kräften. Er schaffte außerdem die Bigamie und Polygamie offiziell ab, ein Beschluss, der in Utah besonders vehement durchgeführt wurde und die alt eingestammte Lebensweise der Mormonen zerstörte. Es war außerdem auch Arthur, der die US Navy von Grund auf modernisierte. Dafür, dass man ihm vorher so wenig zugetraut hatte und auch heute kaum kennt war das eine ganze Menge.
Grover Cleeveland |
"For Grover Cleveland, really fat,
elected twice as a Democrat."
Grover Cleeveland war der ungekrönte Veto-König des 19. Jahrhunderts. Er nutzte sein Veto allein gegen hunderte von Pensionsgesetzen, die der Kongress für Veteranen erließ, lehnte das Texas Seed Gesetz ab, das Texas nach einer Dürre für 10.000$ Samen kaufen sollte (aus Gründen der Grenzen der staatlichen Kompetenz). Er kämpfte für eine Reduzierung der Außenhandelszölle, die unter den Republikanern zum Schutz der amerikanischen (will heißen: nordstaatlichen) Wirtschaft stets hoch gewesen waren, was natürlich im agrarexportorientierten Süden nicht so gut ankam und setzte sich für den Goldstandard ein. Cleveland sprach sich außerdem gegen das 15. Ammendment aus, das die gleichen Rechte von Weißen und Schwarzen in die Verfassung festschreiben sollte, erklärte, dass die Chinesen unwillig und unfähig seien sich in die amerikanische Gesellschaft zu integrieren und erklärte die Indianer zu "Mündeln des Staates". Heute wäre er wohl in der FDP.
Benjamin Harrison |
"Then Benjamin Harrison, after that"
Benjamin Harrison trat als Gegenkandidat Cleevelands an und konnte diesen nach einer nicht unumstrittenen Wahl schlagen. Wieder einmal siegte damit ein Kandidat, der zwar weniger Stimmen als sein Gegner, aber deutlich mehr Wahlmänner hatte; die Wahl hatte sich nur auf vier Swing-States konzentriert. Unter ihm erreichten die Außenhandelszölle den höchsten Durchschnittsstand in der US-Geschichte. Unter seiner Ägide wurden außerdem die ersten Anti-Trust-Gesetze beschlossen, da die Macht der Großunternehmen allmählich besorgniserregend anwuchs. Man kann Harrison aber nicht gerade vorwerfen, allzuviel gegen die Unternehmer unternommen zu haben: gerade einmal ein Unternehmen wurde in seiner Amtszeit verklagt. Harrison versuchte außerdem, die Bürgerrechte der Schwarzen endlich besser zu verankern, doch ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wurde im Senat abgelehnt. Bis 1920 sollte dies das letzte Mal sein, dass ein Bürgerrechtsgesetz in den Kongress eingebracht wurde.
Nach Abe Lincoln darf nun bereits der zweite Präsident den metaphorischen Baseballschläger ergreifen ("up to bat"). Nachdem die Democrats für die wirtschaftliche Krise der Regierungszeit Grover Clevelands verantwortlich gemacht wurden und zudem die Partei über die Frage nach dem Verhältnis zwischen Silber und Gold zur Währungsdeckung tief gespalten war, konnten die oppositionellen Republikaner einen Erfolg verbuchen und dem in der strittigen Frage der Zolltarife profilierten William McKinley zum Sieg verhelfen. Unter seiner Regierungszeit wurde nicht nur Hawai offiziell annektiert, sondern auch der spanisch-amerikanische Krieg gefochten. In diesem zerstörten die USA schnell die veralteten spanischen Streitkräfte in Karibik und Pazifik und übernahmen die Reste des spanischen Kolonialreichs - unter anderem Puerto Rico und die Philippinen kamen so unter amerikanische Besatzung, und die USA wurden de facto zur Kolonialmacht. Innenpolitisch gab es unter McKinley eine nie gekannte Konzentration von Großunternehmen, so genannten Trusts, die den Markt vollständig beherrschten. Kurz nach seiner Wiederwahl wurde McKinley erschossen.
Theodore Roosevelt, genannt Teddy, gab bekanntlich dem Teddy-Bär seinen Namen. Dahinter steckt eine nette Geschichte, die sicherlich unhistorisch ist und deswegen hier nicht genannt wird. Teddy Roosevelt jedenfalls war wieder einer dieser Charaktere, die die Amerikaner so lieben: im Wilden Westen war er als Jäger aktiv gewesen, hatte diverse Abenteuer erlebt - sie werden in der großartigen Comic-Reihe "Dagobert Duck, sein Leben, seine Milliarden" von Don Rosa persifliert, wie so viele Ereignisse der amerikanischen Geschichte - und nahm mit einem eigens aufgestellten Freiwilligenkavallerieregiment am spanisch-amerikanischen Krieg teil, wo es ihm gelang, den San-Juan-Hill einzunehmen, ein Ereignis das seine Berühmtheit vor allem aus der guten Vermarktung Roosevelts zieht. Seine Politik war von Kontinuität zu McKinley in manchen Bereichen geprägt, doch Roosevelt war kein Gläubiger des allheilenden freien Markts und nutzte die unter Harrison eingeführten und bisher praktisch ungenutzten Anti-Trust-Gesetze effektiv und führte Mindestandards zum Schutz der Bevölkerung ein. Außenpolitisch trat er für eine expansive und selbstbewusst auftretende Außenpolitik ein, was angesichts seiner Natur kaum überraschen dürfte. Roosevelt wurde 1904 im Amt bestätigt, entschied sich aber dafür, 1908 nicht erneut anzutreten und unterstützte stattdessen William Howard Taft.
William Howard Taft |
Taft war in manchem das Gegenstück zu Roosevelt. Wo Roosevelt beständig den Kontakt mit der Presse gepflegt hatte, war Taft unauffällig und mied sie. Innenpolitisch hatte er kein allzu glückliches Händchen; oftmals scheiterte er mit dem Versuch, sein Lager zusammenzuhalten und Verbündete zu gewinnen. Er erfand allerdings einen neuen Weg aus der immer noch schwelenden Krise um die Zölle: er schlug vor, das 16. Ammendment zu ratifizieren, das dem Bund erlauben sollte, eine Einkommenssteuer zu erheben. Sie sollte 1% des Einkommens betragen, wenn es 5000 Dollar überstiege - sie traf also nur reichere Bevölkerungsteile. Taft setzte sich außerdem für das 17. Ammendment ein, das den Senat direkt wählbar machte, der zu einem korrupten Millionärsclub verkommen war. Eine ganze Menge "bills" also, die Taft da zusammenhatte. Außenpolitisch engagierte er sich für die damals noch neue Idee des Weltfriedens, was ihn natürlich nicht daran hinderte Marines nach Panama zu schicken um den Bau des Kanals zu sichern. In den Wahlen 1912 sah er sich seinem alten Förderer Roosevelt als erbittertem Gegner gegenüber, und wo zwei sich streiten, freut sich oftmals der Dritte.
takes us into World War I!"
Dieser Dritte war Woodrow Wilson, der Kandidat der Democrats. Er war der zweite Südstaatler seit Ende des Bürgerkriegs, der Präsident wurde, und ebenso der zweite Democrat. Er war außerdem promovierter Staatsrechtler. Die Antitrust-Politik seiner Vorgänger setzte er nicht mit deren Mitteln fort, sondern setzte den Kampf leiser fort, indem er bestimmte Geschäftspraktiken verbieten ließ. Ein weiteres Thema seiner ersten Legislatur war die Segregation, die er jedoch entgegen der Hoffnungen der Schwarzen nicht abschaffte, sondern eher verschärfte, weil der er irrigen Überzeugung war, dass dies den Schwarzen auf lange Sicht mehr helfen würde. Er reformierte außerdem das System der Zentralbank, was in der Finanzierung des Krieges ab 1917 eine wichtige Rolle spielen würde. Da bereits 1914 der Erste Weltkrieg in Europa ausbrach, musste er sich außenpolitisch viel damit auseinander setzen. Der Stimmung im Lande folgend hielt er die USA aus dem Krieg heraus; nach dem Untergang der Lusitania protestierte er lediglich bei der deutschen Regierung. Die Politik der USA war trotzdem tendentiell Entente-freundlich, da die USA deutlich mehr Kredite an England und Frankreich gaben als an Deutschland und diesen so das Weiterkämpfen erst ermöglichten. Den Wahlkampf 1916 bestritt Wilson mit dem Slogan "He kept us out of the war", was angesichts der verbreiteten Anti-Kriegsstimmung für einen überzeugenden Sieg sorgte. Er bermühte sich außerdem als Vermittler zwischen den kriegführenden Mächten, doch keine Seite war ernsthaft daran interessiert. Als die deutsche Regierung im Frühjahr 1917 den unbeschränkten U-Boot-Krieg erklärte, nahm Wilson dies zum Anlass der formellen Kriegserklärung an die Mittelmächte. Die amerikanischen Truppen selbst kamen nicht mehr rechtzeitig zum Einsatz, um eine Entscheidung herbeiführen zu können, jedoch gaben die finanziellen Mittel und Warenlieferungen den endgültigen Ausschlag zu gunsten der Entente. Bedeutender war Wilsons Versuch eines Friedens auf der Grundlage seiner 14 Punkte und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Beides sollte sich als vergiftet erweisen, obgleich es in der Theorie gut klang. Für die Entente würde es in einer Stärkung Deutschlands resultieren und war damit unannehmbar; Deutschland selbst aber musste deswegen von den Rechten Wilsons ausgenommen werden (etwa den Anschluss Österreichs nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker) und erhielt mit den Abtretungen durch den Versailler Vertrag, der das Sicherheitsbedürfnis Frankreichs befriedigen sollte, nur die schlechten Teile. Wilson war über den Fortgang der Verhandlungen, wo er vom wesentlich erfahreneren Clemenceau an die Wand gespielt wurde, erbittert und verbrachte nach einem Schlaganfall die letzten Wochen seiner Präsidentschaft handlungsunfähig im Bett.
Warren Harding gilt - ungerechtfertigt - als einer der schlechtesten Präsidenten. Landläufig wird ihm die Schuld an der Rezession 1920/21 zugeschrieben, während man die Erfolge seinem Kabinett, vor allem dem späteren Präsidenten Herbert Hoover, zuschreibt. Harding leistete jedoch selbst einiges: er beschwichtigte die "red scare" in Folge der Revolution in Russland und entließ den unter Wilson eingesperrten Sozialistenführer Debs, richtete erstmals eine geregelte Versorgung für Veteranen ein und veranstaltete die internationale Flottenkonferenz, auf der sich neun Staaten zu Rüstungsbegrenzungen verpflichteten (was aber in den 1930er Jahren mit der Aufrüstung Japans Makulatur wurde). In seine Regierungszeit fielen jedoch auch zahlreiche Skandale, mit denen er zwar nicht immer direkt zu tun hatte, die ihm aber nichtsdestotrotz zugeschrieben wurden. Auf einer Reise durch die USA, die der Propagierung seiner an Zustimmung verlierenden Politik dienen sollte, verstarb er jedoch.
Calvin Coolidge kam als Vizepräsident Hardings ins Amt. Er war als "Silent Cal" bekannt, weil er - obwohl geübter öffentlicher Redner - privat ein Mann weniger Worte und eher zurückhaltend war. Ob er wirklich gut gearbeitet hat, ist eine bis heute nicht wirklich entschiedene Frage. Er vertrat wirtschaftlich eine Art laissez-faire-Politik und hielt das federal budget klein, hatte aber als Senator zuvor durchaus gesetzliche Restriktionen befürwortet und durchgesetzt, für die der Präsident damals noch keine Kompetenzen hatte. Er ließ die USA außenpolitisch im Isolationismus und schwamm innenpolitisch auf der Welle des wirtschaftlichen Erfolgs, der als "roaring twenties" in die Geschichte einging und, wie wir heute wissen, ziemlich direkt in die Wirtschaftskrise von 1929 führte, weil die Wirtschaft völlig überhitzt auf irrationalem Boden stand. Bei der Wahl 1928, bei der er nicht mehr antrat, kritisierte er seinen designierten Nachfolger Herbert Hoover mit den prophetischen Worten "he gave me solicit advice, and all of it bad." In die Amtszeit Hoovers würde denn auch die Great Depression fallen, die in Deutschland unter dem Begriff "Weltwirtschaftskrise" bekannt und fälschlicherweise untrennbar mit Hitlers Aufstieg verbunden ist.
Generell darf man die Präsidenten zwischen 1872 und 1932 nicht mit den Maßstäben heutiger Präsidenten messen. Die Machtfülle, die der amerikanische Präsident heute besitzt und zu einer solch plakativen Figur im internationalen Politikbetrieb macht, besaßen Präsidenten dieser Epoche nicht. Sie würde erst mit der zunehmenden Bedeutung der Außenpolitik im Zweiten Weltkrieg und dann vor allem im Ost-West-Konflikt angesammelt werden. Auch viele innenpolitische Kompetenzen lagen damals noch vollkommen bei den Einzelstaaten - man bedenke die Einführung einer bundeseinheitlichen Einkommenssteuer erst im Jahr 1913! Der Bund war für die Erhaltung der Armee und Flotte, die Außenpolitik und einige wenige andere Dinge zuständig. Ein großer Teil der Kompetenzen, die ihm heute zustehen, lagen damals noch vollständig in der Hand der Bundesstaaten. Dies muss man immer im Kopf behalten, wenn man über diese Epoche spricht.
Literaturhinweise:
Christoph Mauch - Die amerikanischen Präsidenten. 44 historische Porträts
Peter Schäfer - Die amerikanischen Präsidenten in Lebensbildern
Generell darf man die Präsidenten zwischen 1872 und 1932 nicht mit den Maßstäben heutiger Präsidenten messen. Die Machtfülle, die der amerikanische Präsident heute besitzt und zu einer solch plakativen Figur im internationalen Politikbetrieb macht, besaßen Präsidenten dieser Epoche nicht. Sie würde erst mit der zunehmenden Bedeutung der Außenpolitik im Zweiten Weltkrieg und dann vor allem im Ost-West-Konflikt angesammelt werden. Auch viele innenpolitische Kompetenzen lagen damals noch vollkommen bei den Einzelstaaten - man bedenke die Einführung einer bundeseinheitlichen Einkommenssteuer erst im Jahr 1913! Der Bund war für die Erhaltung der Armee und Flotte, die Außenpolitik und einige wenige andere Dinge zuständig. Ein großer Teil der Kompetenzen, die ihm heute zustehen, lagen damals noch vollständig in der Hand der Bundesstaaten. Dies muss man immer im Kopf behalten, wenn man über diese Epoche spricht.
Literaturhinweise:
Christoph Mauch - Die amerikanischen Präsidenten. 44 historische Porträts
Peter Schäfer - Die amerikanischen Präsidenten in Lebensbildern
Bildnachweise:
Abraham Lincoln - D. Van Nostrand (Public Domain)
Andrew Johnson - Mathew Brady (Public Domain)
Ulysses S. Grant - Mathew Brady (Public Domain)
Rutherford Hayes - Mathew Brady (Public Domain)
James Garfield - Mathew Brady (Public Domain)
Chester Arthur - Charles Milton Bell (Public Domain)
Grover Cleveland - Unknown (Public Domain)
Benjamin Harrison - Pach Brothers (Public Domain)
William McKinley - Courtney Art Studio (Public Domain)
Theodore Roosevelt - M. Rice (Public Domain)
William Howard Taft - Harris&Ewing (Public Domain)
Woodrow Wilson - Pach Brothers (Public Domain)Warren Harding - Harris&Ewing (Public Domain)
Calvin Coolidge -John Garo (Public Domain)
Interessant. Wilson hat die Segregation also verschärft, "weil der er irrigen Überzeugung war, dass dies den Schwarzen auf lange Sicht mehr helfen würde." Ich dachte bisher, das hätte daran gelegen, dass er ein größerer Rassist war als die Präsidenten vor und nach ihm: http://reason.com/archives/2002/12/18/dixiecrats-triumphant
AntwortenLöschen(s. auch http://www.themoneyillusion.com/?p=1652 zu den gute-schlechte-Präsidenten-Rankings und Wilsons und Hardings abschneiden darin).
Gibt es außerhalb der Bücher Quellen für Wilsons Intentionen? Wikipedia und ein dort verlinkter NYT-Artikel haben nur Wilson-Zitate, die man so interpretieren kann, aber eben nicht muss ("for the comfort and best interest of both races in order to overcome friction" z.B. kann man auch so interpretieren, das die Schwarzen zwischen "aus-den-Augen" und "Lynchmob" wählen durften ;-)).
Nachtrag zu erstem Kommentar: Richtige Links zu den erwähnten Artikeln:
AntwortenLöschenreason
money illusion
NYT
Naja, letztlich läuft meine und deine Begründung auf das gleiche hinaus ^^ "Der irrigen Überzeugung war" ist letztlich auch nur höflich ausgedrückt.
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