Freitag, 12. November 2010

Vom Missouri-Kompromiss zur Sezession - der Weg in den Bürgerkrieg

Von Stefan Sasse

Schlacht von Gettysburg
Als die USA 1776 ihre Unabhängigkeit erklärten und begannen, ab 1777 ein geeintes Staatswesen zu erschaffen, gab es nicht wenige, die dem Projekt keine allzugroße Zukunft bescheinigten. Zu groß schienen die Gegensätze zwischen den Staaten, zu diametral entgegengesetzt ihre Interessen. Nicht nur fürchteten die kleinen Staaten das erdrückende Gegengewicht der Großen, nicht nur gab es religiöse Streitigkeiten zwischen den vielen Konfessionsgruppen; auch eine tiefe Spaltung in Nord- und Südstaaten war bereits damals vorhanden. Die nördlichen Staaten waren hauptsächlich von kleinen Farmen im Hinterland und den großen Küstenstädten - und damit vom Handel - geprägt. Im Süden dagegen herrschte der Typ des reichen Pflanzers als gesellschaftliche Konstitutierung vor. Diese Pflanzer-Aristokratie ließ riesige Plantagen vorrangig von Sklaven bewirtschaften, deren Existenz für die exportorientierte südliche Landwirtschaft mit ihren arbeitsintensiven Baumwoll- und Tabakplantagen als essentiell angesehen wurde. Als man 1787 daran ging, eine Verfassung auszuarbeiten, war die wichtigste Frage neben der prinzipiellen Existenz einer solchen Verfassung die Sklavenfrage. 

Sollten für Sklaven ebenfalls die Rechte gelten, wie sie in der Unabhängigkeitserklärung verfasst worden waren? Life, Liberty and the pursuit of hapiness? Das aber müsste in Konsequenz die Aufhebung der Sklaverei bedeuten und mithin die Entziehung der Lebensgrundlage der Pflanzer. Sollte der neue Bundesstaat außerdem die Oberhoheit über Außenhandelszölle erhalten? Für die Südstaaten wäre das eine Katastrophe, denn der Norden befürwortete hohe Schutzzölle, um eine eigene manufakturelle Wirtschaft aufzubauen, was nach dem Wirtschaftskrieg mit England in den Nachwehen des Unabhängigkeitskrieg vielen als überaus attraktiv erschien. Doch das würde wegen der sicheren Gegenzölle der Handelspartner zum Niedergang der Pflanzer führen.

Capitol, Sitz des Kongresses
Entsprechend war die Verfassung eine Kompromissveranstaltung. Um das Übergewicht der Bevölkerung des Nordens zu kompensieren, wurde nicht nur der Senat unabhängig von der Bevölkerungszahl besetzt - immer zwei Senatoren pro Staat - sondern für die Bestimmung der Anzahl der Repräsentanten im House of Representatives, die sich nach der Bevölkerungszahl richtete, auch die Zahl der Sklaven einbezogen, obwohl diese gar keine Bürger waren. Der Kompromiss sah vor, dass ein Sklave wie 3/5 Weiße zählte. Auf diese Art hoffte man im Süden, eine Parität zum Norden waren zu können. Der Paritätsgedanke sollte für die kommenden fast 80 Jahre bestimmend sein. Wenn diese Parität zwischen Süden und Norden nicht mehr gewahrt war, würde der Kompromiss zerbrechen und damit der Grundlage der staatlichen Einheit der Boden entzogen sein. 

Durch die Northwest-Ordinance, die noch die Konföderation verabschiedet hatte, war jedoch der Beitritt neuer Staaten ins Gebiet der Union vorgezeichnet. Kentucky und Ohio, Tennessee und Vermont waren in den Jahren nach der Ratifizierung der Verfassung auf dieser Grundlage in die Union eingetreten. Da Kentucky und Tennessee Sklavenhalterstaaten waren, blieb die Parität gewahrt. Einen formalen Kompromiss zu diesem Thema jedoch gab es nicht, und so wurde das Thema mit jeder Beitrittsperspektive erneut virulent. 1820 standen erneut zwei neue Staaten zur Aufnahme in die Union an: Maine, im äußersten Nordosten der USA, und Missouri, mittig zwischen Nord- und Südstaaten gelegen. Da das 1803 von Frankreich erworbene Louisiana-Territorium, vom Golf von Mexico bis an die kanadische Grenze mehr als doppelt so groß wie die ursrpünglichen dreizehn Kolonien, in absehbarer Zeit Stück für Stück ebenfalls in die Union aufgenommen werden würde, musste man endlich eine Lösung finden, um Streitfälle wie Missouri in Zukunft zu vermeiden. Im so genannten Missouri-Kompromiss wurde die Sklaverei im Louisiana-Territorium nördlich 36°30' Breitengrad verboten. Maine wurde zudem als sklavenfreier, Missouri als sklavenhaltender Staat aufgenommen. Vorläufig sollten keine weitere Staaten aufgenommen werden. Die Parität war also einmal mehr gewahrt. 

Seit dem Krieg von 1812 mit England hatten die USA den Weg zu einer manufakturellen Wirtschaft weiter beschritten. Die Südstaaten, besonders South Carolina, lagen wirtschaftlich darnieder. Unter Präsident John Quincy Adams war der Außenhandelszoll signikant erhöht worden ("Tariff of Abominations", etwa: Zoll der Abscheulichkeiten), und sein Nachfolger Jackson hatte ihn entgegen der in ihn gesetzten Hoffnungen nicht signifikant, sondern 1832 lediglich leicht gesenkt. South Carolina stellte zu jener Zeit den Vize-Präsidenten, John C. Calhoun. Dieser trat zurück, um in den Senat einziehen und dort Jacksons Handelspolitik bekämpfen zu können (durch die strikte Gewaltenteilung in den USA ist es nicht möglich, gleichzeitig Mitglied des Parlaments und der Regierung zu sein). Mit der Erklärung South Carolinas, die Bundesstaaten hätten Recht wie Pflicht, verfassungswidrige Gesetze außer Kraft zu setzen, und dass es sich bei den Tariffs of Abomination um solche handle, begann die so genannte Nullification Crisis (etwa Nichtgültigkeitserklärungskrise). South Carolina drohte außerdem unverhohlen mit der Sezession, wenn seinen Interessen nicht Rechnung getragen werde. Die Krise wurde ein Jahr später, 1833, durch eine schrittweise Absenkung der Zölle entschärft. Die widerstreitenden Interessen waren damit jedoch nur vorläufig verdeckt und keinesfalls mtieinander ausgeöhnt worden. 

John Calhoun
1836 traten Arkansas und Michigan in die Union ein, wiederum die Parität sklavenhaltender und sklavenfreier Staaten haltend. Durch den mexikanisch-amerikanischen Krieg 1846-1848 dehnte sich das US-Territorium weiter nach Westen aus, als noch vor kurzer Zeit jemand für möglich gehalten hätte. Der Missouri-Kompromiss aber erstreckte sich nur auf das Lousiana-Territorium. Über die von Mexiko erworbenen Gebiete sagte er nichts aus. Mehrfach versuchten abolitionistisch (Abolitionisten: Sklavereigegner) gesinnte Politiker des Nordens, die ehemals mexikanischen Gebiete per Gesetz sklavenfrei zu machen. Der Senat jedoch ratifizierte die entsprechenden Gesetze nicht; die Parität der Nord- und Südstaaten verhinderte hier im Gegensatz zum Repräsentantenhaus eine abolitionistische Mehrheit. Über die Sklavereifrage kam es zum Ende des "Second-Party-Systems", das aus Whigs und Democrats bestand. Die Democrats waren zu diesem Zeitpunkt eine vor allem in den Südstaaten starke Partei, die Whigs in beiden Teilen des Landes vertreten. 1848 schlossen sich jedoch viele Nordstaaten-Democrats, die im Gegensatz zu ihren Parteifreunden im Süden eher abolitonistisch gestimmt waren, zusammen mit ebenso abolitionistischen Whigs zur so genannten "Free Soil Party" zusammen, die bei den Präsidentschaftswahlen antrat. Die Whigs konnten diese allerdings durch das Nutzen des Kriegshelden Zachary Taylor als Kandidat für sich entscheiden, der zudem selbst Sklavenhalter war (jedoch gegen die Sklaverei in den Territorien). Kurz kehrte noch einmal Ruhe ein, obwohl innerhalb der Whigs der Streit bereits deutlich schwelte. 

1850 zerbrach der Missouri-Kompromiss endgültig. Die Aufnahme Kaliforniens als Staat in die Union stand an, und obwohl man die Linie des Kompromisses nach Westen verlängert hatte, half dies nun nicht mehr: Kalifornien lag sowohl nördlich als auch südlich des 36. Breitengrades. Noch einmal wurde ein Kompromiss geschlossen: Kalifornien würde als sklavenfreier Staat in die Union eintreten, das nordwestlich gelegene (und in Verhandlungen mit Großbritannien gesicherte) Orgeon-Territorium sollte ebenso sklavenfrei bleiben. Das Utah- und New-Mexico-Territory gehorchten bereits dem Prinzip der popular sovereignity, also dem Volksentscheid. Da in beiden Ländern keine Plantagen aufgebaut werden konnten war kaum damit zu rechnen, dass diese sich für die Sklaverei entscheiden würden. Damit waren jedoch die sklavenfreien Staaten in der Überzahl (1846 hatte das Verhältnis noch 15:14  für die Sklavenstaaten betragen). Die Südstaaten waren gespalten; die Unionisten in den Südstaaten konnten jedoch die Oberhand behalten. Dies war auch möglich, weil zum Kompromiss von 1850 auch der Fugitive Slaves Act gehörte: bereits die Verfassung hatte die Verpflichtung beinhaltet, entlaufene Sklaven an ihren Besitzer zurückzugeben, der Fugitive Slaves Act allerdings erhöhte die Strafen für Nichtrückführung deutlich. 

Damit jedoch schossen sich die Sklavereibefürworter selbst in den Fuß. Die Abolitionisten erhielten aufgrund des Fugitive Slaves Acts deutlichen Rückenwind, und die Position der Sklavereibefürworter wurde zunehmend unhaltbar. 1852 erschien das Buch "Uncle Tom's Cabin" (Onkel Toms Hütte) von Harriett Beecher Stowe, das ein gigantischer Bestseller wurde und die Situation der Sklaven publikumswirksam darstellte. Bei einer Begegnung in den 1860er Jahren würde Lincoln sie mit den Worten begrüßen "This is the little woman who started the big war", eine laut Will Kaufman zutreffende Bemerkung. Im Norden wurde eine breite Bevölkerungsschicht gegenüber der Sklavensituation sensibilisiert. Dies reichte gewiss nicht dazu, sie zum Krieg zu bewegen - das Ansehen der Südstaaten aber war unreparabel beschädigt. 

Erstausgabe
1854 kam es zu einem politischen Eklat: das Nebraska Territory sollte als Staat der Union angefügt werden. Da es nördlich der Linie des Missouri-Kompromisses lag, würde es jedoch sklavenfrei sein und damit den Sklavenhalterstaat Missouri endgültig mit freien Staaten einschließen. Da in jenen Jahren, wohl auch befeuert von Stowes Buch, der Fugitive Slaves Act in den Nordstaaten nicht übermäßig engagiert befolgt wurde (manche Abolitionisten betätigten sich sogar als Fluchthelfer) wäre das für Missouri auf Dauer wirtschaftlich fatal. Man schloss deswegen erneut einen Kompromiss, der im Norden auf heftige Ablehnung stieß, aber mit Unterstützung des Südens knapp durchkam: das Nebraska-Territorium sollte in zwei Teile geteilt werden; in beiden sollte erneut das Volk laut Kansas/Nebraska-Act per popular sovereignity darüber entscheiden, ob der jeweilige Staat sklavenhaltend sein würde oder nicht. 

Doch die Abstimmung ergab eine Mehrheit der Abolitionisten. Kansas- und Nebraska-Territorium würden also vorläufig als sklavenfreie Staaten eintreten, doch inzwischen war die Debatte so hitzig, dass die südlichen Sklavereibefürworter das nicht hinnehmen wollten, beendete der Kansas/Nebrasca-Act doch letztlich den Missouri-Kompromiss und den von 1850. Gezielt wanderten Sklavereibefürworter nach Kansas ein und putschten gegen die Regierung; eine Art kleiner Bürgerkrieg entstand, "Bleeding Kansas" (blutendes Kansas) war eine populäre Phrase jener Tage. Die Angelegenheit tröpfelte im Territorium selbst nur vor sich hin; auf Ebene der Union sorgte sie allerdings für das endgültige Auseinanderbrechen der Whigs und der Demokraten. Die Free Soil Party entstand ebenso wie die Republican Party auf ihren Trümmern. 

1857 erklärte der südlich dominierte Surpreme Court im Urteil Dred Scott vs. Sandford, dass Sklaven Gegenstände seien und keine Bürgerrechte besäßen. Hintergrund war die Klage des Sklaven Dred Scott, der von seinem Besitzer in die sklavenfreien Gebiete mitgenommen worden war und nun darauf beharrte, durch den Aufenthalt dort frei geworden zu sein. Das Urteil ermutigte den Süden, noch weitreichendere Forderungen zu stellen als bisher und einte die Abolitionisten des Nordens. Während sich die Democrats immer weiter aufspalteten, gewannen die Republikaner - eine Nordstaatenpartei progressiver Sklavereigegner - mehr und mehr an Stimmen. Die Fronten waren verhärtet, und 1859 wurde der radikale Abolitionist John Brown in Virginia gehängt, nachdem er versucht hatte das Waffenarsenal von Harper's Ferry zu überfallen und die Sklaven für einen Aufstand zu bewaffnen.

Bei den Präsidentschaftswahlen 1860 gewann der Republikaner Abraham Lincoln die Wahl. Lincoln galt als Gegner der Sklaverei, womit erstmals ein Abolitionist im Weißen Haus saß. Die Südstaaten waren damit endgültig in der politischen Opposition. Am 20. Dezember erklärte South Carolina seinen Austritt aus der Union. Kurz darauf folgten Mississippi, Florida, Alabama, Georgia, Lousiana, Texas, Arkansas, North Carolina, Virginia und Tennessee. Diese elf Staaten formten die Confederate States of America, die den Krieg mit den Schüssen auf Fort Sumter im April 1861 begannen.

Abraham Lincoln
Die Sezession der Südstaaten war dabei kein singuläres, abruptes Ereignis in der Geschichte der USA. Sezessionsüberlegungen hatte es immer wieder gegeben, und bis zum Bürgerkrieg gab es keine eindeutige Rechtsauslegung über die Frage, ob diese Sezession dann legal wäre oder nicht. War die Union nur ein Staatenbund, der seine Legitimität aus den Einzelstaaten zog, so war die Sezession legal. War die Union aber etwas größeres, heiligers, älteres, so wäre sie es nicht. Letzteres war die Ansicht von Präsident Lincoln (sein Vorgänger Buchanan, in dessen Amtszeit die Sezession stattfand, drückte sich um ein Urteil und saß die Zeit bis zur Inauguration Lincolns im März 1861 aus). Für Lincoln war die Union "perpetual" (ewig), konnte also nie und unter keinen Umständen gebrochen werden. Seine Argumentation läuft stark verkürzt darauf hinaus, dass die Union bereits vor der Unabhängigkeitserklärung da war, vor der Verfassungsgebung sowieso, und ein Band sei, das nicht erst durch Verträge und Papier geschaffen wurde - dementsprechend konnte sie dadurch auch nicht aufgelöst werden. Die Waffen der Nordstaaten würden dieser Rechtsauffassung bis 1865 Geltung verschaffen. 

Eine letzte Frage bleibt noch zu klären: was ist die Rolle der Sklaven und der Sklaverei in all diesen Ereignissen? Viele Streits entzündeten sich an der Frage der Sklaverei, doch wie dargestellt waren viele andere Motive mindestens ebenso wichtig. Dazu gehörte die Wirtschaftspolitik, die einen seit der Gründung schwelenden Streit zwischen den Pflanzern des Südens und der Gesellschaftsordnung, die damit einherging (eine aristokratisch geprägte, in der selbst der ärmste Weiße jedoch immer die Schwarzen "unter sich" hatte) und der kommerziellen Händlerelite des Nordens mit seiner entstehenden Industrie und den Arbeiterheeren und Migranten, die aus der Alten Welt hineingelockt wurden. Der Bürgerkrieg war somit mindestens ebenso sehr ein Kampf unterschiedlicher Gesellschaftssysteme wie einer um die Frage der Sklaverei die allein, wie bereits konstatiert, keinesfalls ausreichte, um die Bevölkerung zum Krieg zu motivieren. 

Schwarzer mit Peitschennarben
Die Sklaverei wurde besonders im Norden lange als ein moralisches Übel erachtet (im Gegensatz zur Ausbeutung der Lohnarbeiter). Sie war jedoch von Anfang an dagewesen und in der Verfassung mehr oder weniger dadurch geschützt, dass sie darin nicht vorkam (die "peculiar institution" (etwa: besondere Einrichtung), wie man sie euphemistisch nannte, war gewissermaßen von den Grundrechten ausgenommen). Die Frage war also stets eigentlich nur die, ob man sie in den neuen Territorien einführen würde oder nicht, nie, ob sie in den alten Kolonien abgeschafft werden würde. Das galt auch für Lincoln der, obgleich Sklavereigegner, die Einheit der Union als höherwertiger einschätzte ("Wenn ich die Union retten könnte, indem ich alle Sklaven befreite würde ich es tun, und wenn ich sie retten könnte ohne einen Sklaven zu befreien würde ich es tun und wenn ich sie retten könnte, indem ich einige befreite und einige nicht würde ich es tun."). Die Sklaverei war ihm ein moralisches Übel, da sie den in der Unabhängigkeitserklärung garantierten "pursuit of hapiness" verhinderte; er war jedoch genug Mann des 19. Jahrhunderts, als dass er sich nicht mit ihr hätte arrangieren können. 

Generell war die Sklaverei von den Südstaaten und anderen Anhängern mehrfach begründet worden. So wurde angeführt, dass bereits die antiken griechischen Stadtstaaten, die ja die idealisierten Vorbilder der amerikanischen Republik waren, Sklaven gehalten hatten. Ohne Sklaven gab es demzufolge auch keine Demokratie. Sie erklärten auch, dass sie Existenz einer gebildeten, das Land uneigennützig führenden Oberschicht nur mit Sklaverei möglich sei (und jahrzehntelang war es diese Schicht, die das Land führte). Auch mit der Bibel wurde argumentiert, denn sowohl Altes wie Neues Testament rechtfertigen in mehreren Passagen diese Einrichtung. Man argumentierte ökonomisch, da die arbeitsintensive Plantagenwirtschaft ohne Sklaverei nicht zu bewerkstelligen sei; außerdem sei die Sklaverei im Vergleich zu den Bedingungen des Arbeitsmarkts im Norden oder der europäischen Leibeigenschaft ziemlich human, da man sie wenigstens nicht verhungern ließ. Zuletzt argumentierte man rassistisch, indem man versuchte, wissenschaftlich zu belegen, dass die Schwarzen intellektuell unterlegen, dafür aber physisch überlegen und somit für die Feldarbeit geradezu destiniert waren.

Sklaven auf Plantage in Virginia
Darin sahen die Menschen jener Epoche nicht einmal einen Widerspruch. Denn sicherlich hatte die Bill of Rights allen Menschen gleiche Rechte zugesprochen, sprach bereits die Unabhängigkeitserklärung davon. Doch auch Frauen und Kinder genossen schließlich nicht alle Rechte (und hatten nicht alle Pflichten) eines erwachsenen Weißen, oder nicht? Waren die Schwarzen wegen ihrer mangelnden Bildung nicht wie Kinder, die man wohlmeinend an der Hand führen und erziehen musste? Selbst glühende Abolitionisten bezweifelten nicht, dass die Schwarzen intellektuell den Weißen derzeit nicht das Wasser reichen konnten; sie sahen nur andere Gründe und mögliche Abhilfe. 

Die Sezession der Südstaaten war also keineswegs eine singuläre Entwicklung, die seit 1820 nur auf diesen Punkt zugelaufen wäre, der Bürgerkrieg kein unabwendbares Ereignis. Die ständigen Reibereien in Wirtschaftsfragen und die Auseinanderentwicklung der Gesellschaften in Nord und Süd waren mindestens ebenso wichtige Punkte. Eine tiefe Spaltung der Gesellschaft ist in den USA keine Neuigkeit; wir erleben dieser Tage erst in den hassgeladenen Kämpfen der Tea-Party-Bewegung gegen Obama eine neue Varianz einer solchen Spaltung. Man muss hoffen, dass sie glücklicher verlaufen wird als die Spaltung von 1860, die im blutigsten Krieg der amerikanischen Geschichte endete.

Weiterführende Literatur: 

Bernd Engler - Key conceopts in American Cultural History
Chandra Manning - When this cruel war was over


Bildnachweis: 
Gettysburg - Nathaniel Currier and James Merritt Ives (gemeinfrei)
Capitol - John Plumbe (gemeinfrei)
Calhoun - unknown (gemeinfrei)
Uncle Tom's Cabin - Hammatt Billings (gemeinfrei)
Lincoln - Alexander Gardner (gemeinfrei)
Peitschennarben - unknown (gemeinfrei)
Plantage - unknown (gemeinfrei)

8 Kommentare:

  1. "Selbst glühende Abolitionisten bezweifelten nicht, dass die Schwarzen intellektuell den Weißen derzeit das Wasser reichen konnten"
    Entschuldigung, aber ist das in diesem Zusammenhang wirklich so gemeint? Entweder muss das 'nicht' weg, oder hinter derzeit ein 'nicht' hin, oder?

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  2. "Dies gehorchte jedoch bereits dem Prinzip der popular sovereignity, also dem Volksentscheid. Die Bevölkerung entschied sich mehrheitlich für Sklavenhaltung. Damit waren jedoch die sklavenfreien Staaten in der Überzahl."
    Wenn die beiden Staaten doch für Sklavenhaltung sind ist doch alles im Gleichgewicht?

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    1. Karlifornien und das Oregon-Terretorium sollen sklavenfrei bleiben und Utah und Mexico als Sklavenhaltende STaaten. Somit wäre das Verhältnis sklavenhaltender zu skalvenfreier Staaten gleich, oder nicht?

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    2. So, ich hab mal hinterherrecherchiert. Ist mein Fehler. Die Bevölkerung in Utah und New Mexico war gegen Sklaverei, nicht dafür, wobei es praktisch keine Auswirkungen hatte - beides waren Territorien und sie blieben es bis nach dem Civil War.

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    3. Danke für die Antwort. Super Text hat mir sehr geholfen!

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    4. Ich danke! Schon einen Fehler gefunden. :)

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